Integrierte Psychosomatik
Christoph Nikendei 1Stephan Zipfel 2
Bernd Kraus 1
Hans-Christoph Friederich 1
Rainer Faber 1
Bernd L?we 1
Thomas M?ller-Tasch 1
Michael Schwab 1
Gerd Mikus 3
Monika Bobbert 4
Wolfgang Herzog 1
Jana J?nger 1
1 Universit?tsklinik f?r Allgemeine Klinische und Psychosomatische Medizin, Heidelberg, Deutschland
2 Medizinische Universit?tsklinik T?bingen, Abteilung f?r Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, T?bingen, Deutschland
3 Universit?tsklinik f?r Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Heidelberg, Deutschland
4 Universit?t Heidelberg, Institut f?r Geschichte der Medizin, Bereich Medizinethik, Heidelberg, Deutschland
Zusammenfassung
Zielsetzung: Die Integration psychosomatischer Aspekte in die Medizinische Lehre ist h?ufig durch Schwierigkeiten in der Quer- und L?ngsvernetzung gekennzeichnet. An der Medizinischen Universit?tsklinik Heidelberg besteht seit dem Sommersemester 2002 ein f?nft?giges Unterrichtsmodul zur internistischen Psychosomatik als integraler Bestandteil des Curriculums. Mit der vorliegenden Arbeit sollen die Lernziele, methodisch-didaktische Umsetzung und Evaluation der Unterrichtseinheiten vorgestellt werden.
Methodik: Das Unterrichtsmodul umfasst die Themengebiete Somatoforme St?rungen, psychische Komorbidit?t, Essst?rungen, Familienmedizin / Ethik und Compliance. Im Wintersemester 2004 / 2005 wurde bei n = 143 StudentInnen eine Evaluation bez?glich der Akzeptanz, der methodisch-didaktischen Umsetzung sowie der subjektiven Kompetenzeinsch?tzungen (pr? / post) durchgef?hrt.
Ergebnisse: Das Unterrichtsmodul Internistische Psychosomatik erfreut sich bei den StudentInnen guter Akzeptanz (M = 2,6; SD = 2,3; 1 = trifft v?llig zu; 5 = trifft nicht zu), wird als wichtig f?r den Berufsalltag (M = 2,5; SD = 1,0) und als praxisorientiert angesehen (M = 1,7; SD = 0,9). Der Unterricht f?hrt bei den StudentInnen zu einem signifikanten Zuwachs der subjektiven Kompetenzeinsch?tzung im Wissensbereich (p<0,001) und prozeduralen Bereich (p<0,001).
Schlussfolgerung: Ein Unterricht in integrierter Psychosomatik innerhalb des Faches Innere Medizin erweist sich als akzeptiertes Lehrkonzept, das in kognitiven und prozeduralen Bereichen zu einem signifikanten Kompetenzzuwachs bei den MedizinstudentInnen f?hrt. Die Ergebnisse werden in Hinblick auf historische Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen diskutiert.
Schlüsselwörter
Innere Medizin, Integrierte Psychosomatik, Medizinische Lehre, subjektive Kompetenzeinsch?tzung, Approbationsordnung
Einleitung
Die studentische Ausbildung in Integrierter Psychosomatik - R?ckblick und aktuelle Entwicklungen
"See one, do one, teach one" nicht "See one, think and experience one, discuss one" lautet das Lehrdiktum in der Medizin, bemerkte Lipsitt [22] in seiner Arbeit "Can We Really Teach Psychosomatic Medicine?". Unrealistischer Weise - so weiter - liege der Fokus der Medizinischen Ausbildung auf dem Heilen und nicht auf dem Behandeln von Patienten. Die Gr?nde f?r eine m?gliche Unvereinbarkeit eines medizinisch-physischen Krankheitsverst?ndnisses einerseits und eines psychosozial-emotional gepr?gten psychosomatischen Zugangs andererseits k?nnten in der unterschiedlichen Ausbildung in den somatischen und psychosomatischen Fachbereichen, differenten Wertevorstellungen sowie einem andersartigen Umgang mit Emotionen zu suchen sein [7].
Diese Feststellungen der 80er und 90er Jahre zu den Integrationsschwierigkeiten von "Soma" und "Psyche" fanden Best?tigung in einer 1992 / 1993 von H?lzer et al. [13] durchgef?hrten Bestandsaufnahme zum Unterricht im Fach Psychosomatik an den bundesdeutschen Hochschulen. An keiner der 28 befragten Fakult?ten fand sich eine effektive Querverzahnung im Sinne einer Kooperation mit anderen (somatischen) F?chern des Curriculums und einer systematischen Integration von psychosozialen Aspekten. Auch unter den Gesichtspunkten der inhaltlichen L?ngsvernetzung von Vorklinik und Klinik blieb kritisch anzumerken, dass vorwiegend kognitive Inhalte in punktuell stattfindenden Unterrichtsveranstaltungen gelehrt wurden mit einem Defizit an studienbegleitender Vermittlung "affektiver" Lerninhalte. Anamnesegruppen [21], POL-Gruppen (Problem orientiertes Lernen) [11] oder ein patientenorientierter / "balintoider" Unterricht (z.B. [13]) stellten zu diesem Zeitpunkt eine Seltenheit dar.
Die neue ?rztliche Approbationsordnung (?AppO) stellt demgegen?ber soziale und kommunikative Aspekte in den Mittelpunkt der studentischen Ausbildung, betont affektive Lerninhalte und sieht Themen wie Arzt-Patient-Beziehung, Kommunikation, Gespr?chsf?hrung, Pr?vention, chronische Krankheiten, Palliativmedizin und Schmerz als wesentlich f?r die Gestaltung der Curricula an [37]. Es existieren mittlerweile zahlreiche interessante Umsetzungsmodelle dieser Vorgaben f?r den Bereich Psychosomatik in Form von POL-Blockkursen (Dipol-Curriculum Dresden) [20], longitudinalen Curricula (Curriculum K?ln) [19] und Modellprojekten (Modellprojekt Medizinische Psychologie, Psychotherapie und Psychosomatik, Universit?t Ulm) [34], [1]; Curriculum zur F?rderung interaktioneller Kompetenzen, Universit?t M?nster [33]. Da gerade die Querverzahnung mit anderen Bereichen immer wieder Problemfelder er?ffnet [22], [19], [20], soll an dieser Stelle erstmals die Integration von psychosomatischen Aspekten f?r den Fachbereich der Inneren Medizin im Rahmen des Curriculums HEICUMED der Universit?t Heidelberg [35], [36] dargestellt werden.
Internistische Psychosomatik und Implikationen f?r das Unterrichtsmodul an der Medizinischen Universit?tsklinik Heidelberg
Die Wichtigkeit einer Integration von psychosomatischen Aspekten im Fachbereich der Inneren Medizin wird durch eine von Friederich et al. [8] durchgef?hrte Erhebung untermauert: Bei 35,6% der untersuchten internistischen PatientInnen lag eine psychische Komorbidit?t vor, bei 13,0% handelte es sich um eine Haupt-, bei 22,6% um eine Nebendiagnose. Bei 4,3% war die psychische Diagnose der alleinige Aufnahmegrund. Die Angebote einer internistischen Psychosomatik sollten f?r diese PatientInnen niedrigschwellig sein, einen individuell gestuften Behandlungsplan erm?glichen und das Wissen und die Kompetenz anderer Fachgebiete systematisch einbeziehen [12].
Untersuchungen zur studentischen Erwartung an den psychosomatischen Unterricht [14], [1], [25] machten den Wunsch nach, "Veranschaulichung durch gemeinsames Gespr?ch mit Patienten", "viel Raum f?r gemeinsame Diskussion", "Ein?bung in die Wahrnehmung unbewusster Vorg?nge bei Patienten", "eigenes Verhalten und eigene Gef?hle Patienten gegen?ber besser kennenzulernen" und "eine Reflexion der Arzt-Patienten-Beziehung im ?rztlichen Alltag" und eine "praxisrelevante Gewichtung von Unterrichtsthemen" deutlich. In Abstimmung mit diesen Bedarfsanalysen entwickelten wir die Lernziele f?r unser Unterrichtsmodul wobei sich folgende Themenkomplexe f?r unser Modul herauskristallisierten:
(1) Diagnosestellung und Vermittlung therapeutischer Behandlungskonzepte bei somatoformen St?rungen,
(2) Diagnose und Differentialdiagnose depressiver St?rungen,
(3) Anamneseerhebung und Entwicklung station?rer Behandlungskonzepte bei Essst?rungen,
(4) Grundlagen der partizipativen Entscheidungsfindung im Sinne des Shared-Decision-Making,
(5) Selbstversuch zur Compliance und Grundlagen der motivationalen Gespr?chsf?hrung.
Bisher existieren keine Daten zu einem integriert-psychosomatischen Unterricht im Fachbereich der Inneren Medizin, welcher integraler Bestandteil des Curriculums ist. Die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit bezogen sich auf
(1) die Akzeptanz des Modulunterrichts internistische Psychosomatik,
(2) den Zuwachs der subjektiven Kompetenzeinsch?tzungen der teilnehmenden MedizinstudentInnen.
Methoden
Das Modul internistische Psychosomatik im Block Innere Medizin und die longitudinale Verzahnung
Das Modul internistische Psychosomatik ist integraler Bestandteil der 12-w?chigen internistischen Ausbildung der MedizinstudentInnen des 6. bzw. 7. Semesters an der Medizinischen Universit?tsklinik Heidelberg im Rahmen des Heidelberger Curriculums Medicinale (HEICUMED) [35], [36]. Der so genannte Modulunterricht, der im interaktiven Seminarstil abgehalten wird, findet jeweils Vormittags zwischen 10 und 12 Uhr statt und umfasst jeweils einen zweiw?chigen Unterricht in Endokrinologie, Kardiologie, Gastroenterologie, Rheumatologie / H?matologie sowie einen je einw?chigen Unterricht in den F?chern Nephrologie und internistische Psychosomatik. Die Gruppengr??e bel?uft sich auf ca. 23 StudentInnen.
Innerhalb des Blockes I Innere Medizin finden begleitend zu diesem Modulunterricht t?glich interdisziplin?re Leitsymptomvorlesungen, Kommunikationstraining mit standardisierten Patienten [15], [30], Pol-Unterricht, Skills-Lab-Training [28], [29], sowie Eins?tze auf Station statt. Durch die Interdisziplinarit?t des Blockes werden weitere psychosomatische Aspekte in besonderer Weise innerhalb des Kommunikationstrainings [15], [30] und der Leitsymptomvorlesung direkt in die internistischen Themen integriert.
Au?erhalb des Blockes I Innere Medizin findet eine Vermittlung affektiver Lerninhalte im 1. bis 3. Semester in der Medizinischen Psychologie statt. Lernziele sind hier u. a. die Schulung von Selbst- und Fremdwahrnehmung, Entwicklung eines Problembewusstseins f?r medizinisch-psychologische Zusammenh?nge und Schulung der Gespr?chsf?hrungstechniken als Element ?rztlich-psychologischen Handelns. Der longitudinale Charakter des Curriculums kommt weiterhin im 8. bzw. 9. Semester im Block III zur Geltung: mit interaktiven und patientenorientierten Seminaren der Psychosomatik, Familienmedizin, Allgemeinpsychiatrie und Kinder-Jugendpsychiatrie [2]. Zudem bestehen Kooperationen mit der Dermatologie und der Arbeitsmedizin, in deren Zusammenhang ebenfalls psychosomatische Aspekte vorgestellt und diskutiert werden.
Lernziele und methodisch-didaktische Umsetzung
Die Lernziele des Modulunterrichts internistische Psychosomatik sind Tabelle 1 [Tab. 1] zu entnehmen. Die einzelnen Modultage sind allesamt methodisch-didaktisch nach dem Sandwich-Prinzip aufgebaut [18] (siehe Tab. 2 [Tab. 2]), um den StudentInnen eine optimale individuelle Wissensverarbeitung zu erm?glichen.
Der Montag (somatoforme St?rungen) umfasst eine Einf?hrung mit einem Wochen?berblick in dessen Rahmen den StudentInnen verschiedene Aufgaben zum Modultag Compliance am Freitag der Modulwoche gestellt werden: Einige erhalten Medikamentendosimeter mit unterschiedlichen Dosierungsschemata, andere werden aufgefordert Tageb?cher ?ber Rauch- und Essverhalten f?hren. Anschlie?end beginnt der eigentliche Modulunterricht mit einer Sch?tzaufgabe zu Befindlichkeitsst?rungen in der Allgemeinbev?lkerung und einem Impulsreferat zu H?ufigkeit, Pr?valenz und Diagnosekriterien von somatoformen St?rungen. Anschlie?end wird von den StudentInnen die Anamneseerhebung bei einem Patienten mit somatoformer St?rung mittels standardisierter Patienten [4] in Kleingruppen ge?bt. In einem zweiten Schritt werden die therapeutischen Elemente in der Behandlung von somatoformen St?rungen, die Mitteilung der Diagnose und die Vermittlung eines Therapiekonzeptes in Kleingruppen erarbeitet und anschlie?end ebenfalls anhand eines standardisierten Patienten trainiert. Bei beiden Elementen spielt das Feedback des standardisierten Patienten eine wichtige didaktische Rolle (vgl. [10]).
Der Dienstag (psychische Komorbidit?t) umfasst Impulsreferate zur Pr?valenz komorbider St?rungen, zu den prim?ren Symptomangeboten von Seiten der Patienten sowie einen therapeutischen Stufenplan bei depressiven St?rungen und Angsterkrankungen. In Kleingruppenarbeit werden die Indikationen therapeutischer Interventionen anhand klinischer Fallbeispiele erarbeitet und im Plenum diskutiert. Im Mittelpunkt des Unterrichts steht au?erdem ein Fragebogen zur Erfassung psychischer Komorbidit?t, der im Sinne einer Selbsterfahrung erschlossen wird (PHQ-D) [24], [9].
Am Mittwoch (Essst?rungen) wird eine Anorexia nervosa-Patientin in den Unterricht eingeladen. Nachdem zuvor Diagnosekriterien und wichtige Anamnesefragen in der Seminargruppe zusammengetragen wurden, f?hren zwei StudentInnen das Anamnesegespr?ch der Patientin durch. Es folgt ein Impulsreferat zur Therapie von Essst?rungen, wonach die StudentInnen in Kleingruppen eine Patientenkurve f?r eine Anorexiepatientin ausf?llen inklusive der Festlegung von Ausgangsregelung, Essvertrag, Ern?hrung, Medikation und medizinischer Basisdiagnostik und sowie der Verlaufskontrolle (vgl. [23], [26]).
Am Donnerstag (Shared-Decision-Making / Familientherapie / Ethik) werden Konzepte der gemeinsamen Entscheidungsfindung von Arzt und Patient (Shared-Decision-Making) [5] erl?utert und im Rollenspiel umgesetzt. In einem zweiten Schritt werden M?glichkeiten der Einbeziehung des Familiensystems bei der Behandlung von Patienten beleuchtet. Schlie?lich wird der Fall eines schwerkranken intensivpflichtigen Patienten unter den Gesichtspunkten des mutma?lichen Patientenwillens, der medizinischen Diagnose und Prognose, der Einstellung der Familienmitglieder und der ?konomischen Zielvorgaben aus ethischer Perspektive diskutiert und die M?glichkeiten und Schwierigkeiten im Umgang mit Patientenverf?gungen erarbeitet [6].
Der Freitag (Compliance) beginnt mit einem Impulsreferat zur Medikamentencompliance, gefolgt von der Auswertung der Medikamentendosimeter, die die StudentInnen zu Beginn der Woche mit Einnahmeinstruktionen erhalten hatten. Zus?tzlich werden Raucher-, Ess-, Sporttageb?cher analysiert. Die f?r die Compliance f?rderlichen und hinderlichen Faktoren werden mit Blick auf den Selbstversuch in Kleingruppen gesammelt und kategorisiert. Es folgt eine Einf?hrung zur motivationalen Gespr?chsf?hrung (vgl. [32]) mit nachfolgenden Rollenspiel-?bungen zu Arzt-Patientengespr?chen.
Evaluationsinstrumente und statistische Analyse
Zur Evaluation des Modulunterrichts wurde ein Fragebogen mit 15 Items verwandt, um Informationen zur Akzeptanz und methodisch-didaktischen Umsetzung auf einer Skala von 1 bis 5 zu erhalten. In einem pr?/post-Design erhielten die StudentInnen zus?tzlich einen Fragebogen zur subjektiven Kompetenzeinsch?tzung mit 20 Items, bei dem zu jedem Modultag angenommene Kompetenzen zu kognitiven Aspekten (10 Items) und zu prozeduralen Aspekten (10 Items) auf einer Skala von 1 bis 6 anzugeben waren. Die Teilnahme an der Fragebogenevaluation war allen StudentInnen freigestellt.
Bez?glich der Akzeptanz des Moduls internistische Psychosomatik wurden Mittelwerte gebildet. Zur Berechnung des Kompetenzgewinnes wurden Differenzen der subjektiven Kompetenzeinsch?tzungen zu Beginn und am Ende des Moduls gebildet und anschlie?end ein t-Test durchgef?hrt.
Ergebnisse
Stichprobenbeschreibung Fragebogenr?cklauf
Die Evaluation erfolgte im Wintersemester 2004 / 2005 w?hrend dessen insgesamt 143 MedizinstudentInnen, darunter 87 Frauen und 56 M?nner mit einem Durchschnittsalter von 24,8 Jahren am Modulunterricht internistische Psychosomatik teilnahmen. Beim Fragebogen zur Akzeptanz und methodisch-didaktischen Umsetzung wurde ein R?cklauf von 68,5% erreicht. An der Evaluation zur subjektiven Kompetenzeinsch?tzung nahmen vor dem Modulunterricht 85,2% StudentInnen teil (pr?-Messung), nach dem Modulunterricht 81,7% der Teilnehmer (post-Messung). Eine pr?/post-Differenz konnte bei 73,9% der MedizinstudentInnen ermittelt werden.
Fragebogen zur Akzeptanz und zur subjektiven Kompetenzeinsch?tzung
Die Evaluation des Modulunterrichts internistische Psychosomatik im Wintersemester 2004 / 2005 zeigte in Bezug auf Akzeptanz und methodisch-didaktische Umsetzung, dass sich das Unterrichtsmodul bei den StudentInnen einer guter Akzeptanz erfreut (M = 2,6; SD = 2,3; 1 = trifft v?llig zu; 5 = trifft nicht zu), f?r den Berufsalltag als wichtig erachtet (M = 2,5; SD = 1,0) und als praxisorientiert angesehen wird (M = 1,7; SD = 0,9). Hervorgehoben wurden die positive Lernatmosph?re (M = 2,0; SD = 1,1)und die zur Mitarbeit motivierenden Dozenten (M = 1,9; SD = 1,0). In Tab. 3 [Tab. 3] werden die subjektiven Kompetenzeinsch?tzungen vor dem Modulunterricht und am Ende des Modulunterrichts veranschaulicht. Die angegebenen p-Werte beziehen sich auf die errechnete Ver?nderung der studentischen Kompetenzeinsch?tzungen.
Diskussion
In der vorliegenden Arbeit wurde die Integration psychosozialer und psychosomatischer Aspekte in die Innere Medizin an der Universit?tsklinik Heidelberg vorgestellt. H?ufig zeichnen sich innovative Projekte zur Vermittlung psychosozialer Kompetenzen durch einen Modellcharakter aus [34], [1] oder stellen ein freiwilliges Angebot f?r Studenten dar [33]. Das vorgestellte Modul internistische Psychosomatik ist ein integraler Pflichtbestandteil der internistischen Ausbildung aller MedizinstudentInnen an der Universit?t Heidelberg. Es st??t bei den StudentInnen auf gute Akzeptanz und f?hrt in allen gemessenen kognitiven und prozeduralen Kompetenzbereichen zu einem signifikanten subjektiven Zuwachs des Wissens und Handlungsverm?gens. Die Ergebnisse zeigen, dass sich psychosoziale Aspekte systematisch in somatische Fachbereiche integrieren lassen. Wenngleich es sich um ein Unterrichtsmodul der Inneren Medizin handelt, ist eine ?bertragbarkeit der Lerninhalte und Themengebiete in viele somatische Bereiche m?glich.
Mit dem hier vorgestellten internistisch-psychosomatischen Modulunterricht versuchten wir einerseits ein eigenst?ndiges psychosomatisches Profil in der Inneren Medizin zu etablieren, andererseits psychosomatische Aspekte systematisch im Rahmen der Leitsymptomvorlesung und des Kommunikationstrainings mit standardisierten Patienten [15], [30] zu integrieren.
Um eine dauerhafte Einstellungs?nderungen bei den StudentInnen zu erzielen, ist es von besonderer Bedeutung, dass die vermittelten Lerninhalte im Sinne des "assessment drives learning" systematisch gepr?ft werden. An der Medizinischen Universit?tsklinik werden am Ende des Bockes Innere Medizin im Rahmen einer klinisch-praktischen OSCE-Pr?fung (objektive structured clinical examination) konsequent studentische kommunikative, psychosoziale und psychosomatische Kompetenzen ?berpr?ft und bewertet [27].
Limitationen
Es sind zuk?nftig weitere Anstrengungen bez?glich eines Wirksamkeitsnachweises psychosomatischer Lehrmethoden ?ber die Evaluation von Akzeptanz und der subjektiven Kompetenzeinsch?tzung hinaus notwendig, da mehrere Arbeiten im Bereich der klinisch-praktischen Fertigkeiten aufzeigen, dass subjektive Kompetenzeinsch?tzungen von StudentInnen nur bedingt mit einer objektiven Leistungs?berpr?fung korrelieren (z.B.[3] ). Dies sollte uns dazu anhalten, unsere Lehrkonzepte mit praxisnahen Pr?fungsfragen wie Key-feature-Fragen (vgl.[31]) und klinisch-praktischen Pr?fungen wie dem OSCE (vgl. [16]) wenn m?glich in kontrollierten Designs zu ?berpr?fen und Langzeiteffekte zu eruieren.
Fazit
Ein Unterricht in integrierter Psychosomatik innerhalb des Faches Innere Medizin erweist sich als akzeptiertes Lehrkonzept, das in kognitiven und prozeduralen Bereichen zu einem signifikanten Kompetenzzuwachs bei den MedizinstudentInnen f?hrt. Objektive Leistungsnachweise ?ber die Evaluation von Akzeptanz und subjektiven Selbsteinsch?tzungen der MedizinstudentInnen hinaus bleiben eine gro?e Herausforderung f?r die psychosomatischen Fachbereiche.
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