Aufnahmeverfahren für das Medizinstudium: Erfahrungen der Medizinischen Universität Graz
Josef Smolle 1Heide Neges 2
Silvia Macher 2
Gilbert Reibnegger 3
1 Medizinische Universität Graz, Institut für Medizinische Informatik, Graz, Österreich
2 Medizinische Universität Graz, Organisationseinheit für Studium und Lehre, Graz, Österreich
3 Medizinische Universität Graz, Vizerektor für Studium und Lehre, Graz, Österreich
Workshop
Die Medizinische Universität Graz führt heuer zum dritten Mal ein Auswahlverfahren durch. Das erste Verfahren betraf das Wintersemester 2005/06. Es war als offen zugängliches Eingangssemester konzipiert; die Auswahl erfolgte am Semesterende auf Grund der kumulativen Prüfungsleistungen und eines zusammenfassenden Tests. Auf Grund der Öffnung für EU-Ausländer kam es zu etwa 3900 Voranmeldungen, so dass als einmalige Lösung die rein virtuelle Abhaltung des Eingangssemesters unter Nutzung des Virtuellen Medizinischen Campus Graz gewählt wurde.
Für das Wintersemester 2006/07 wurde das Auswahlverfahren vor Beginn des Studiums gelegt und auf einen Kenntnis- und Verständnistest wissenschaftlicher Grundlagen auf Oberstufenniveau basiert. Der Virtuelle Medizinische Campus stellte wiederum die Lerninformationen und Übungsbeispiele bereit. Zusätzlich wurde ein Kennenlerninterview durchgeführt. Für das Wintersemester 2007/08 wurde der Test im Wesentlichen beibehalten, statt des Kennenlerninterviews jedoch ein Motivationsschreiben verlangt.
Bisherige Evaluierungen zeigen, dass ein Auswahlverfahren vor Beginn des Studiums eine deutlich höhere Akzeptanz findet als eines nach einem Eingangssemester. Die prognostische Aussagekraft hinsichtlich Studienerfolg ist sehr groß. 95 % der Absolventinnen und Absolventen des ersten Auswahlverfahrens beendeten den ersten Studienabschnitt in Mindestzeit, gegenüber 20 % der früheren Jahrgänge. Eine Aussage darüber, ob jemand ein guter Arzt wird, trauen wir einem Auswahlverfahren nicht zu. Durch Kennenlerninterview bzw. Motivationsschreiben machen wir jedoch auch die Bedeutung nicht-kognitiver Aspekte deutlich. Unser wissensbasierter Test hat gegenüber einem reinen Intelligenztest den Vorteil, dass er die Lernbereitschaft berücksichtigt und die Studierenden ein wesentlich höheres Einstiegsniveau für die ersten Studiensemester mitbringen.