Kooperation zwischen Studierenden und Unterrichtenden zum Aufbau einer Sammlung von anatomischen Pr?paraten zur Ausleihe
Jutta Friker 1Eva Zeiler 2
Hans-Georg Liebich 1
1 Ludwig-Maximilians-Universit?t M?nchen, Institut f?r Tieranatomie (I), insbesondere Systematische und topographische klinische Anatomie, M?nchen, Deutschland
2 Bundesanstalt f?r alpenl?ndiische Landwirtschaft (BAL), Institut f?r Viehwirtschaft und Ern?hrungsphysiologie der landwirtschaftlichen Nutztiere, Irdning, ?sterreich
Zusammenfassung
Am Institut f?r Tieranatomie M?nchen wurde eine Kooperation zwischen Studierenden und wissenschaftlichem Personal gestartet um qualitativ hochwertige anatomische Pr?parate zu erstellen. Ziel ist der Aufbau einer Sammlung von Ansichtsexemplaren, die von Studierenden ausgeliehen werden k?nnen.
Die Pr?parationen finden an Material statt, das mit einer ungiftigen, institutseigenen Salzl?sung fixiert ist. Als Zeitraum f?r eine Pr?paration, deren Themen die Studierenden selbst w?hlen, ist ein Semester angesetzt. Die Zeiteinteilung ist dabei den Studierenden, die jeweils in Zweiergruppen arbeiten, freigestellt. Sie k?nnen sowohl w?hrend dem Semester als auch in der vorlesungsfreien Zeit im Institut pr?parieren. Nach Abschluss der Pr?parationen werden die Pr?parate in Silikon umgebettet und in Plexiglasboxen verbracht.
Ungef?hr ein Drittel der entstehenden Pr?parate erf?llt den Qualit?tsanspruch des Institutes und kann somit zu Ausleihpr?paraten weiter verarbeitet werden. Die Ergebnisse der restlichen zwei Drittel liegen entweder unter diesem Niveau oder die Studierenden brechen ihr Vorhaben vorzeitig ab. Die Studierenden zeigen insgesamt gro?es Interesse an dieser Arbeitsgruppe, so m?ssen jedes Semester ungef?hr die H?lfte der Bewerber abgewiesen werden.
Dieses Projekt zeigt, dass durch die Zusammenarbeit mit Studierenden das verf?gbare Lehr- und Lernmaterial, zum gegenseitigen Nutzen, erweitert werden kann.
Schlüsselwörter
Anatomie, Unterricht, Pr?parate
Einleitung
Ein wichtiger Baustein im Anatomieunterricht ist das Lernen am Pr?parat. Frei zug?ngliche Pr?parate stehen den Studierenden jedoch fast ausschlie?lich im Rahmen von Pr?parier?bungen zur Verf?gung. Unterrichtsunabh?ngig k?nnen Ausstellungsst?cke in Glasvitrinen besichtigt werden. Ein eingehendes Besch?ftigen ist jedoch nicht m?glich, f?r das Verst?ndnis aber grundlegend. Da die Erstellung einer ausreichenden Anzahl von hochwertigen Pr?paraten sowohl die personellen als auch finanziellen Mittel weit ?bersteigen, wurde am Institut f?r Tieranatomie der LMU M?nchen ein Projekt gestartet, mit dem Ziel Studierende in die Erstellung von Feinpr?paraten einzubeziehen. Es ist geplant die erstellten Pr?parate als Silikonplastinate, in Plexiglasboxen aufbewahrt, den Studierenden durch Ausleihe zug?nglich zu machen. ?ber die M?glichkeit und Grenzen der Pr?parateerstellung durch Studierende soll im Folgenden berichtet werden. Zur Evaluation des Projektes wurden Studierende befragt.
Material und Methode
Den Studierenden, die in Zweiergruppen an einem Thema arbeiten, werden als Ausgangsmaterial frischtote, klinisch unauff?llige Tierleichen aus der Pathologie oder den Kliniken zur Verf?gung gestellt. Hierf?r werden die Tierk?rper zuvor in einer am Institut entwickelten ungiftigen L?sung fixiert, die den Erhalt einer naturnahen Qualit?t (Farbe, Elastizit?t und Konsistenz) garantiert. Die Themen der einzelnen Pr?parationen k?nnen von den Studierenden aus einer Vorschlagsliste ausgew?hlt werden oder sie nennen eigene. Als Zeitraum f?r die Fertigstellung ist jeweils ein Semester anberaumt. Hierbei k?nnen die Pr?parierzeiten frei gestaltet werden, sowohl w?hrend des Semesters als auch in der vorlesungsfreien Zeit. Den Studierenden steht zu diesem Zweck ein Abschnitt des Pr?pariersaals, au?erhalb von Vorlesungszeiten, zur Verf?gung. Verbrauchsmaterial wie Klingen, Handschuhe und Einmalkittel werden vom Institut gestellt. W?hrend der gesamten Pr?parationszeit werden die Studierenden durch wissenschaftliche Mitarbeiter betreut. Die fertiggestellten Feinpr?parate sollen durch Silikonplastination dauerhaft haltbar gemacht, in Plexiglasboxen verpackt und so den Studierenden zur Ausleihe bereitgestellt.
Ergebnisse
Das Projekt wurde vor zwei Jahren begonnen. Somit k?nnen erste Ergebnisse zusammengefasst werden.
Die Studierenden zeigen ein gro?es Interesse und Bereitschaft zur Mitarbeit. Die Arbeitsgruppe umfasste zwischenzeitlich 32 Studierende wurde aber, aus organisatorischen Gr?nden, f?r das kommende Semester wieder auf 24 Teilnehmer reduziert. Die Zahl der Anmeldungen zu dieser Veranstaltung ?bersteigt jedes Semester die Anzahl der freien Pl?tze um das Doppelte. So bewerben sich circa 50 Studierende, bei einer Semesterst?rke von durchschnittlich 250 Studierenden.
Die bisher entstandenen Pr?parate weisen eine unterschiedliche Qualit?t auf. Etwa ein Drittel erf?llt den Qualit?tsanspruch des Instituts. Ein Drittel muss wegen Pr?parationsfehlern, mangelnder Qualit?t oder vorzeitigem Ausstieg der Studierenden aus dem Projekt verworfen werden und ein Drittel wird erst nach einem weiteren Semester fertig gestellt.
F?r die Mitarbeiter des Instituts bedeutet dieses Projekt einerseits einen hohen Zeitaufwand f?r die Betreuung der Studierenden, andererseits einen Zugewinn an exzellenten Pr?paraten. Probleme durch die st?ndige, jedoch nicht konkret planbare Anwesenheit einzelner Studierender im Institut und in den Lagerr?umen, traten nicht auf.
Im Rahmen einer Evaluation wurden ?ber drei Semester hinweg 28 Studierende des Projekts nach ihren Erfahrungen sowie nach einem Ausblick f?r diese Veranstaltung befragt. Positiv herausgehoben wurden die zus?tzliche Pr?parierm?glichkeit bei freier Zeiteinteilung und die Gewissheit, dass gute Pr?parate nicht anschlie?end verworfen sondern dauerfixiert werden. Die Arbeit in einer Kleingruppe und die M?glichkeit auch einen Beitrag f?r die Lehre leisten zu k?nnen wurden ebenfalls genannt. Von allen Befragten wurde, in Freitextantworten, die Arbeit an ungiftig fixiertem Material begr??t. „Endlich keine Tr?nen und kein Hustenreiz, so konnte ich die Pr?parierzeit bestimmen und wurde nicht vom Drang mal wieder frische Luft zu atmen, geleitet", so die Antwort einer Studentin. Negative Anmerkungen wurden von den Studierenden nur vereinzelt angef?hrt. Hierzu geh?ren die hohen Anspr?che von Seiten des Instituts und Probleme bei der Terminkoordination untereinander.
Die Studierenden wurden hinsichtlich der Projektzukunft befragt. 23 Studierende waren der Meinung, dass das Projekt weiter fortgesetzt bzw. ausgebaut werden soll. Zwei Studierende bezweifelten das Fortbestehen auf Grund des enormen Zeitaufwandes und drei ?u?erten sich nicht zum Fortgang.
Diskussion
Motivation der Studierenden
Grundvoraussetzung f?r die Durchf?hrung dieses Projektes ist das Engagement der Studierenden. In den vergangenen zwei Jahren zeigte sich, dass Studierende bereit sind auch einen Teil ihre Freizeit T?tigkeiten am Institut zu widmen. Einige sind seit zwei Jahren beteiligt und wollen auch im n?chsten Semester als Tutoren in der Arbeitsgruppe weiterarbeiten. Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass es im Rahmen der Veranstaltung zu keinem Kontakt mit lebenden Tieren kommt, dem eigentlichen Berufsziel der meisten Studierenden. Auch die Vorbereitung f?r anstehende Pr?fungen scheint nicht das vorrangige Ziel der Studierenden zu sein, ber?cksichtigt man die Mitarbeit von Studierenden aus klinischen Semestern. Ebenso entf?llt der Aspekt Geld, da es f?r die T?tigkeiten keinerlei finanziellen Ausgleich gibt. Letztlich bleibt die Anerkennung als Wahlpflichtfach und die M?glichkeit zur Erstellung von Dauerpr?paraten bei freier Zeiteinteilung. Die Chance Pr?parate noch nach Jahren besichtigen oder zeigen zu k?nnen, k?nnte einen zus?tzlichen Motivationsschub geben.
Dauerhafte Haltbarkeit, keine Zerst?rung durch Lagerung
Die ersten Pr?parationen sind mittlerweile abgeschlossen und die Pr?parate werden durch Silikonplastination dauerhaft haltbar gemacht. Durch ihre Lagerung in portablen Plexiglasboxen sind sie ?ber Jahre hinweg vor Verschlei? oder Zerst?rung gesch?tzt, was bei Pr?paraten, die direkter Ber?hrung ausgesetzt sind, nicht m?glich ist. Dies wiederum wird der langen Anfertigungszeit gerecht und macht die Erstellung von komplexen Pr?paraten sinnvoll.
Organisation des Projektes
Ein Kernpunkt dieses Projektes ist die freie Zeiteinteilung f?r Studierende. Dies bedeutet aber f?r das wissenschaftliche Personal eine nicht planbare Abrufbarkeit. Ein Punkt, der gerade in der Vorlesungszeit nicht einfach zu bewerkstelligen ist. So entstanden durch die zunehmende Anzahl an Beteiligten Engp?sse. Da Pr?parationen aber nicht immer unterbrochen werden k?nnen, musste nach einer L?sung f?r die Betreuung gesucht werden. Im kommenden Semester werden drei Studierende als Tutoren bei der Betreuung mithelfen. Alle drei arbeiten seit ?ber einem Jahr im Projekt mit.
Keine Probleme bereitete die Anwesenheit der Studierenden im Pr?parier- und Lagerraum. Bef?rchtete Verschmutzungen oder Besch?digungen der Institutsr?umlichkeiten blieben aus.
Arbeit an ungiftig konservierten und naturnahen Pr?paraten
Die am Institut entwickelte ungiftige Konservierungsl?sung auf Salzbasis bringt zwei gro?e Vorteile f?r Pr?parierende. Zum einen bleiben unangenehme Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Reizung der Konjunktiven oder Schleimh?ute, wie sie beispielsweise bei Formalinfixierung auftreten, aus [1], [2]. Zum anderen wird Ausgangsmaterial mit naturnaher Qualit?t (Konsistenz, Elastizit?t und Farbe) bereitgestellt, dass die Pr?paration erleichtert. Durch diese beiden Effekte besch?ftigen sich die Studierenden l?nger mit ihren Pr?paraten, was wiederum der Qualit?t zu Gute kommt (Abbildung 1 [Abb. 1], Abbildung 2 [Abb. 2]).
Anzahl der letztlich brauchbaren Pr?parate
Die Anzahl der letztlich zur Ausleihe geeigneten Pr?parate liegt weit unter der der begonnenen Pr?parationen. Hierf?r sind der hohe Qualit?tsanspruch von Seiten des Instituts, Fehler bei der Pr?paration sowie vorzeitige Ausstiege aus dem Projekt verantwortlich. Da jedoch erst nach der Fertigstellung der Pr?parate giftige und kostspieligere Substanzen zum Einsatz kommen, liegen die Verluste nicht auf der finanziellen sondern vor allem auf der ideellen Seite. In diesem Zusammenhang darf aber nicht vergessen werden, dass auch ein letztlich verworfenes Pr?parat f?r die Studierenden eine Schulung im Umgang mit medizinischem Instrumentarium bedeutet.
Ausblick
Nachdem die Studierenden weiter Interesse am Projekt zeigen und zahlreiche Pr?parate mit hoher Qualit?t entstanden sind, wird die Arbeitsgruppe weiter fortbestehen. Mit der Ausleihe wird begonnen, sobald ein Grundstock an Pr?paraten zur Verf?gung steht.
Literatur
[1] Kurz H. Die Entwicklung moderner Koservierungsmethoden. Der Pr?parator 1978;24:180-187.[2] Stoff E, Nitsche I, Mayet A. Formaldehydgehalt in der Flut der Pr?pariers?le. Zbl Bakt Hyg I. Abt. Orig B, Stuttgart 1971;155:60