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GMS Journal for Medical Education__Temp

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

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Leitlinie
Humanmedizin

Kerncurriculum f?r die Medizinische Ausbildung in Deutschland

Katharina Kulike 1
Jan Hilgers 2
Sylv?re St?rmann 1
Thorsten Hornung 3
Jakob Dudziak 1
Patrick Weinmann 1
 Jonas Johannink 4

1 bvmd, AG Medizinische Ausbildung, Bonn, Deutschland
2 IFMSA, Medical Education Direktor 2005/2006, Ferney-Voltaire, France
3 bvmd, Pr?sident, Bonn, Deutschland
4 bvmd, Bundeskoordinator f?r Medizinische Ausbildung, Bonn, Deutschland




Schlüsselwörter

Education, Medical Compentency-Based Education, Professional Competence, Medical Students, Europe, Germany

Leitlinie

Wir, die Medizinstudierenden der humanmedizinischen Fachschaften Deutschlands haben seit November 2005 an einem Kerncurriculum f?r die medizinische Ausbildung in Deutschland gearbeitet. Unser Anliegen war es, die wichtigsten Ausbildungsziele f?r jeden Medizinstudierenden in Deutschland zu formulieren. In den letzten Jahren hat sich in der medizinischen Ausbildung ein Trend vollzogen; weg von reiner Wissensvermittlung hin zur Orientierung an konkreten Ergebnissen und Lernzielen. Um diese Entwicklung zu f?rdern, haben wir mit diesem Kerncurriculum definiert, ?ber welche F?higkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen ein Absolvent des Studiums der Humanmedizin verf?gen muss.

Gro?e Teile dieses Kerncurriculums wurden gemeinsam mit Studierendenvertretern der International Federation of Medical Students’ Association (IFMSA) und der European Medical Students’ Association (EMSA) im Juli 2006 in Bristol auf der 5. Bologna-Prozess Folgekonferenz als "European Core Curriculum – the Students’ Perspective“ erarbeitet.

Unser Kerncurriculum f?gt sich in den Rahmen dieses europ?ischen Kerncurriculums ein und erg?nzt ihn, wo es f?r Deutschland spezifisch n?tig ist.

Dieses Dokument dr?ckt die Meinung der Medizinstudierenden dar?ber aus, welche Kompetenzen und welches Wissen frisch approbierte ?rzte jeder medizinischen Fakult?t nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, w?hrend ihrer Ausbildung erworben und unter Beweis gestellt haben sollten.Es ist unsere feste ?berzeugung, dass die Ausbildung von ?rzten in einem geeinten Europa des 21. Jahrhunderts auf der gemeinsamen Grundlage eines Kerncurriculums basieren muss.

Unser Kerncurriculum ist in neun Bereiche gegliedert, die wiederum 80 Lernziele spezifizieren. In alphabetischer Reihenfolge sind diese Bereiche:

F?higkeiten und Fertigkeiten

Absolventen m?ssen klinische F?higkeiten und Fertigkeiten erworben haben und so beherrschen, dass sie sie in ihrem beruflichen Umfeld sicher einsetzen k?nnen. Unserer Meinung nach besteht der Bedarf einer Zusammenstellung der notwendigen F?higkeiten und Fertigkeiten, wie sie in bereits existierenden Listen fr?herer Ver?ffentlichungen zu finden sind.

Kommunikationsf?higkeit

Absolventen m?ssen ?ber die Kommunikationsf?higkeiten verf?gen, die eine kompetente patientenzentrierte Versorgung erm?glichen. Dies ist f?r eine hohe Qualit?t in der Patientenbetreuung von entscheidender Bedeutung.

Kritisches Denken

Kritisches Denken ist das systematische Bewerten von Informationen vor einer beruflichen Entscheidung oder Handlung. Wir unterstreichen, dass diese F?higkeit alle Aspekte der Rolle des Arztes betrifft.

Lebenslanges Lernen

Lebenslanges Lernen ist das Erwerben, Auffrischen und Anwenden von Wissen. Die kontinuierliche Umsetzung dieses Prozesses ist f?r einen Arzt w?hrend seiner gesamten beruflichen Laufbahn essenziell. Ein Arzt muss seine medizinischen Kenntnisse immer auf dem neusten Stand halten und sicherstellen, dass die Patientenbetreuung evidenzbasiert und gem?? aktuellen Richtlinien erfolgt.

Lehre und Aufkl?rung

Wir sind ?berzeugt, dass Lehren und Informationsvermittlung im medizinischen Bereich wesentliche Komponenten der Interaktion auf allen Ebenen darstellen. Ohne sie ist es nicht m?glich, das Gesundheitssystem auf einem hohen Niveau zu halten.

?ffentliche Gesundheit

Als k?nftige ?rzte in einem schnell wandelnden Umfeld sind wir verpflichtet, unsere Verhaltensweisen an die Erwartungen der Gesellschaft anzupassen. Wir halten Kenntnisse ?ber die Grunds?tze der Volksgesundheit f?r die Arbeit als Arzt auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene f?r unabdingbar. Daher unterstreichen wir, dass es wichtig ist, die Einfl?sse von Umwelt, Kultur und Globalisierung auf die Gesundheit in unserem medizinischen Curriculum zu ber?cksichtigen.

Professionalit?t – Verhaltensweisen, Verantwortlichkeiten und Selbstentwicklung

Professionalit?t ist ein anhaltender Prozess, der w?hrend der Studienzeit beginnt und weiterentwickelt wird, wenn der Absolvent die Rolle des Arztes ?bernimmt. Die Ausbildung vor der Approbation bereitet auf einen Beruf vor und Studierende m?ssen die entsprechenden F?higkeiten und Fertigkeiten f?r die Rolle und Identit?t eines Arztes erwerben. Da sie die Entwicklung dieser Rolle aktiv mitgestalten m?ssen, sollten ihnen Strukturen an die Hand gegeben werden, die dies erleichtern. Zus?tzlich zum Erwerb einer professionellen Einstellung m?ssen Studierende ethische und moralische Werte definieren, durch die sie bei ihrer k?nftigen Arbeit eine verantwortungsvolle Patientenbetreuung gew?hrleisten k?nnen. Dar?ber hinaus m?ssen Absolventen sich der Erwartungen der Gesellschaft bewusst sein und ?ber hinreichende Managementf?higkeiten verf?gen, um im Gesundheitswesen qualifiziert agieren zu k?nnen.

Teamf?higkeit

Absolventen m?ssen sich um optimale Patientenbetreuung bem?hen, indem sie effizient in einem Team zusammenarbeiten, wann immer dies notwendig ist. Sie m?ssen daher die F?higkeiten und Verhaltensweisen besitzen, die f?r die jeweils zu ?bernehmende Rolle erforderlich sind.

Theoretische Kenntnisse

Absolventen m?ssen die wissenschaftlichen Grundlagen f?r die medizinische Praxis erworben haben und das gewonnene Wissen in medizinisches Handeln und berufliche Kompetenz umsetzen. Sie m?ssen sich des schnellen Wandels und der Weiterentwicklung des Wissens bewusst sein und die Bedeutung lebenslangen Lernens kennen. ?rzte m?ssen sich f?r den Wissensaustausch mit Kollegen einsetzen, die Grenzen ihres Wissens erkennen und die F?higkeit besitzen, auf geeignete Informationsquellen zuzugreifen und diese kritisch beurteilen.

Um nicht in die Lehrautonomie der Universit?ten einzugreifen, schreibt dieses Kerncurriculum nicht vor, welche Unterrichtsform oder Pr?fmethode gew?hlt werden sollte, sondern ?berl?sst dies den Lehrenden. Wichtig ist uns Studierenden, dass sichergestellt ist, dass die Lernziele erreicht sind und dies mit angemessenen Verfahren ?berpr?ft worden ist.

Das vorliegende Dokument ist Ausdruck der harten Arbeit und des Engagements der deutschen wie auch der europ?ischen Medizinstudierenden f?r eine Reform der medizinischen Ausbildung. Damit leisten wir einen Beitrag zur Verbesserung der Patientenversorgung und der Patientensicherheit bei unserer k?nftigen T?tigkeit als Mediziner. Wir hoffen, dass dieses Dokument - wie auf der Tagung "Medizinausbildung mit Zukunft!?“ im Oktober 2006 angedacht - den Dialog und die Zusammenarbeit mit anderen Interessensgruppen im Bereich der medizinischen Ausbildung f?r die Erstellung eines gemeinsamen deutschen Kerncurriculums beleben kann.

Das vorliegende Papier ist Ergebnis dieser Bem?hungen und wurde im Oktober 2006 von der Vollversammlung der bvmd in Jena verabschiedet.

[Die Vollversion der Leitlinie der bvmd findet sich im Anhang [Anh. 1] zur elektronischen Ausgabe der GMS Z Med Ausbild].

Anmerkung

Die beiden erstgenannten Autoren Katharina Kulike und Jan Hilgers (International Federation of Medical Students? Associations, Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V.) haben in gleichem Umfang zu der Arbeit beigetragen.

Danksagung

Emily Rigby (Bristol, UK) f?r Ihre Unterst?tzung.

Der Deutschen ?rztefinanz f?r die freundliche Unterst?tzung bei den ?bersetzungsarbeiten.

Der Fachschaft Aachen f?r Ihre Unterst?tzung des Drucks.

Den Medizinischen Fakult?ten Aachen, K?ln, LMU M?nchen, Bonn, Hamburg, Marburg und Essen f?r die Unterst?tzung unserer Arbeit in diesem Bereich.