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GMS Journal for Medical Education__Temp

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

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Originalarbeit
Humanmedizin

Modifizierte objective structured practical examination (OSPE) als Leistungskontrolle im Kurs der Mikroskopischen Anatomie an der Universit?t Ulm

 Anja Boeckers 1
Ulrich Fassnacht 1
Anja Feneberg 1
Tobias M. Boeckers 1

1 Universit?t Ulm, Medizinische Fakult?t, Abteilung f?r Anamtomie und Zellbiologie, Ulm, Deutschland

Zusammenfassung

Im Sommersemster 2005 wurde an der Universit?t Ulm eine modifizierte objective practical examination als Erfolgskontrolle der mikroskopisch anatomischen F?higkeiten von Medizinstundenten eingef?hrt. Dieser Test sollte als ein integrierendes Instrument, die vorhandenen Lehrangebote auf die Pr?fung orientiert sinnvoll miteinander verkn?pfen, und dadurch die Motivation zum eigenst?ndigen Lern- und praktischen Arbeitsverhalten w?hrend der Kurszeiten erh?hen. In der Pr?fung wurden den Studierenden 8 unterschiedliche histologische Schnittbild-pr?parate vorgelegt, in denen je eine Substruktur in einer vorgegeben Zeit bezeichnet werden sollte. Die Ergebnisse wurden vom Pr?fer in standardisierter Weise kontrolliert und dokumentiert. Anschlie?end wurden der praktische Kurs der mikroskopischen Anatomie sowie die neue Pr?fungsart von den Studierenden evaluiert. Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass ein OSPE in der mikroskopischen Anatomie einfach zu organisieren und praktikabel durchf?hrbar ist. Es gelang durch die Einf?hrung der OSPE-Pr?fung in der mikroskopischen Anatomie unter Schonung der personellen Ressourcen eine praktikable Pr?fungsmethode zur Abfrage mikroskopisch anatomischer Kenntnisse zu etablieren und studentisches Lern- und Arbeitsverhalten positiv zu beeinflussen.


Schlüsselwörter

Histologie, mikroskopischer Kurs, OSPE, praktische Leistungskontrolle, Medizinerausbildung

Einleitung

Die medizinischen Fakult?ten der deutschen Hochschulen sind in den letzen Jahren durch die Umsetzung der neuen Approbationsordnung [1] in vielf?ltiger Hinsicht gefordert worden. Neben einer umfassenden curricularen Neugestaltung musste das Lehrangebot der einzelnen Fachdisziplinen bzw. Abteilungen ver?ndert und durch die Einf?hrung der Integrierten Seminare zus?tzlich erweitert werden [2]. Ebenso legt der Paragraph 24 der Approbationsordnung einen praktischen Pr?fungsanteil im Rahmen der m?ndlichen Pr?fung zum M1 zugrunde. Dieser Pr?fungsabschnitt wird in Ulm der Anatomie bzw. der mikroskopischen Anatomie zugeordnet. Im Besonderen sieht die Studienordnung in Ulm vor, dass vorklinische scheinpflichtige Lehrveranstaltungen benotet werden m?ssen [3].

Trotz eines umfassenden und qualitativ guten Lehrangebotes konnte unser Kursziel, einen maximalen Benefit f?r den Studierenden aus der angebotenen Kurszeit zu ziehen, nicht befriedigend erreicht werden. Es fiel auf, dass die Studierenden die Praktikumszeiten im Histologiekurs nicht kontinuierlich nutzten, um die praktischen Fertigkeiten im Umgang mit dem Mikroskop zu erlernen, und nicht eigenmotiviert mit den Pr?paraten arbeiteten, um sich deren jeweiligen Besonderheiten zu erschlie?en.

Dies l?sst sich u.a. durch eine hohe Teilnehmerzahl im Kurs erkl?ren, die trotz des geforderten Betreuungsschl?ssels und der Mithilfe studentischer Hilfskr?fte ein besonderes Ma? an Gruppendisziplin erfordert und eine Anonymisierung des Einzelnen zur Folge haben kann, was wiederum dazu f?hrt, dass Studierende in der Gro?gruppe nicht den Mut finden individuelle Fragen zu stellen. Diese insgesamt schwierige Lernumgebung f?hrt zu einer geringen Motivationslage der Studierenden, welche aber auch in direktem Zusammenhang mit der Tatsache gesehen werden muss, dass die gew?nschten praktischen Fertigkeiten nicht im Rahmen einer Erfolgskontrolle abgepr?ft wurden.

Wir formulierten daher f?r den Histologiekurs im Sommersemester 2005 folgende Zielsetzungen:

  1. Erh?hung der Motivation zum eigenst?ndigen Lern- und praktischen Arbeitsverhalten w?hrend der Kurszeiten.
  2. Lehrangebote und Leistungskontrolle sinnvoll aufeinander abzustimmen.
  3. Entwicklung und Einf?hrung einer standardisierten, praktischen Erfolgskontrolle f?r die Histologie.

Um die z.T. pr?fungsorientierte Motivation zur praktischen T?tigkeit im Kurs zu st?rken, entschieden wir uns f?r die Einf?hrung einer objective structured practical examination (OSPE), einer Pr?fungsmethode die sich im klinischen Studienabschnitt zur ?berpr?fung von Basisfertigkeiten oder Anamneseerhebung bew?hrt hat [4], aber nur punktuell im vorklinischen Bereich eingesetzt wird [5]. Desweiteren gibt diese Pr?fungsform - ?hnlich einer m?ndlichen Pr?fung - die Gelegenheit, sich auch bei vielen Kurs- bzw. Pr?fungsteilnehmern jedem einzelnen Studierenden zuzuwenden, ihm Aufmerksamkeit zu schenken, dessen individuelle Leistung zu beurteilen und ein Feedback dazu zu geben.

Material und Methoden

Der mikroskopisch anatomische Kurs an der medizinischen Fakult?t Ulm umfasst 52 Unterrichtseinheiten und wird Studierenden der Humanmedizin im 2. Fachsemester, Studierenden der Zahnmedizin im 4./5. Fachsemester angeboten. Als schriftliche Erfolgskontrolle wurde bisher eine nach allgemeiner und spezieller Histologie zweigeteilte Klausur im MC-Antwortwahlverfahren mit insgesamt 40 Fragen durchgef?hrt. Begleitend wurden den Studierenden eine Vorlesung zum Kurs, ein Kursskript mit Lernzielkatalog, aktuelle Informationen und Lehrmaterial ?ber die Abteilungshomepage und unmittelbar vor der schriftlichen Abfrage ein ?bungsquiz angeboten. Als Kompetenzzentrum f?r E-Learning in Baden-W?rttemberg steht Ulm besonders in der Verantwortung neue Lehrmethoden in die medizinische Ausbildung einzubinden [6]. So wird den Studierenden zus?tzlich seit l?ngerem ein auf den mikroskopisch anatomischen Kurs ausgerichteter interaktiver Histologieatlas "HistoNet2000" angeboten [7].

Im SS 2005 ?nderten wir die Leistungskontrolle im Histologiekurs, indem wir die Anzahl der MC-Fragen von 40 auf 32 reduzierten und stattdessen 8 Aufgaben im Rahmen einer praktischen Pr?fung einf?hrten, so dass sich daraus eine Gewichtung zwischen praktischer und theoretischer Leistung von 1:4 ergab.

Au?erdem wurden folgende ?nderungen der Kursstruktur vorgenommen:

  1. Inhalte der Vorlesung wurden dem Praktikumsablauf angepasst und dem thematisch entsprechenden Kurstag immer zeitlich vorgeschaltet.
  2. Die Betreuung eines Themenblocks erfolgte im Kurs und in der Vorlesung durch einen Dozenten, der beides aufeinander abstimmte, um z.B. Redundanzen zu vermeiden.
  3. Den Studierenden wurden Zeitfenster zum Eigenstudium am Mikroskop angeboten. An diesen zus?tzlichen Terminen (9 Unterrichtseinheiten) standen ein Dozent und studentische Hilfskr?fte beratend zur Verf?gung.
  4. Die im Kurs mikroskopierten Pr?parate wurden in digitaler Form auf der Homepage zum weiteren Studium zur Verf?gung gestellt.
  5. Das Kursskript wurde derartig weiterentwickelt, dass klare Arbeitsauftr?ge eine praktische T?tigkeit des Studierenden einforderten, die unmittelbar vom Kurspersonal kontrolliert werden konnte. Beispiel f?r einen Arbeitsauftrag:

Pr?parat 5: Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel (Fingerbeere) Mensch, H.E.

Zeichnung:

  • in hoher Vergr??erung (40er Objektiv) Epithelschicht darstellen,
  • Kennzeichen eines mehrschichtigen verhornten Epithels verdeutlichen,
  • Schichtengliederung zeichnen und beschriften.

Entwicklung und Organisation der praktischen Pr?fung erfolgte durch die Lehrbeauftragten der Abteilung, die bereits durch lehrdidaktische Schulungen oder durch vorherige Planungen von OSCE-Pr?fungen im klinischen Studienabschnitt ihre Erfahrungen haben einbringen k?nnen. Teil der Pr?fungsvorbereitung war auch eine Pr?ferschulung, um den zeitlichen Ablauf der Pr?fung zu proben, fachliche Aspekte zu kl?ren und die Beurteilung der Antworten zu vereinheitlichen. Ebenso mussten vorab Kurspl?tze z.B. durch das Anbringen von rechtseitigen Zeigerokularen zu Pr?fungspl?tzen modifiziert werden. Tabelle 1 [Tab. 1] fasst den retrospektiv gesch?tzten Zeitaufwand f?r die Pr?fungsvorbereitung zusammen. Die OSPE-Pr?fung selbst erforderte einen personellen Einsatz von 36 "Mannstunden" (12 Pr?fer f?r 3 Stunden) f?r 413 Pr?flinge.

Tabelle 1: Retrospektiv gesch?tzter Zeitaufwand zur Pr?fungsvorbereitung

Die praktische Pr?fung wurde als modifizierte OSPE-Pr?fung durchgef?hrt. Modifiziert in der Art, dass nicht der Pr?fling zu den Pr?fungsstationen rotiert, sondern der Pr?fer zur Aufgabenkontrolle an seinem Pr?ftisch (12 Studierende) in festgelegter Reihenfolge von einem Pr?fling zum n?chsten rotiert, um am Ende der Pr?frunde direkt mit der Kontrolle der n?chsten Aufgabe fortzufahren. Dem Pr?fer standen 5min pro Aufgabe zur Kontrolle an seinem Pr?ftisch zur Verf?gung, so dass die Pr?fungszeit f?r jeden Pr?fling bei 25 sec lag. Insgesamt wurde eine Kohorte von 413 Studierenden in 3 Durchg?ngen ? 40min von 12 Pr?fern gepr?ft (siehe Abbildung 1 [Abb. 1], Teil a).

Abbildung 1: Schematische Darstellung des Pr?fungsablaufs

Es handelt sich um eine standardisierte Pr?fungsform mit standardisierten Aufgaben bei festgelegtem Zeitablauf und der Beurteilungsm?glichkeit "richtig" oder "falsch".

Jede Pr?fungsaufgabe wurde zeitgleich der Pr?fgruppe als Projektion mit einer Bearbeitungszeit von 5 min gestellt. Dabei wurden in kontinuierlicher Rotation 8 Aufgaben pro Pr?fling durch den Pr?fer beurteilt (siehe Abbildung 1 [Abb. 1], Teil b). Eine Pr?fungsrunde war demnach nach 40 min beendet. Anschlie?end erfolgt als Feedback eine Besprechung der Aufgaben anhand projizierter mikroskopischer Abbildungen zu jeder bearbeiteten Aufgabe als Gruppenfeedback. Inklusive Feedbackzeit und Wechselzeit f?r die Pr?fgruppen (10 min) konnte so nach einer Stunde die n?chste Pr?frunde mit der n?chsten Pr?fgruppe starten. Insgesamt wurden 3 Pr?frunden mit jeweils unterschiedlichen, aber in Inhalt und Schwierigkeitsgrad vergleichbaren Fragen absolviert. Das strenge Zeitschema dieser Pr?fung kann nicht ohne einen ?u?eren Zeitgeber koordiniert werden, so dass der Pr?fungsleiter den f?r alle Teilnehmer einer Pr?fgruppe einheitlichen Zeitablauf vorgab.

Bei der Beurteilung der Aufgabenantworten wurden fehlende praktische Fertigkeiten, wie die Nutzung einer anderen Vergr??erung, die falsche Positionierung des Pr?parates unter dem Objektiv oder die grunds?tzliche falsche Nutzung des Mikroskops ebenso als "falsch" bewertet, wie das Einstellen einer falschen histologischen Struktur oder die ungenaue Platzierung des Zeigers auf der gefragten Struktur. Ein histologisch erfahrener Kollege konnte w?hrend der Pr?fung bei Unsicherheiten der Pr?fer in der L?sungsbeurteilung als so genannter Schiedspr?fer hinzugezogen werden. Die Pr?fungsergebnisse wurden einerseits in der Pr?ferliste und andererseits auf einem Pr?flingsbogen dokumentiert, so dass der Studierende sofort ?ber sein individuelles Pr?fungsergebnis informiert war. Die Notengebung im Kurs der mikroskopischen Anatomie ergab sich aus der erbrachten Leistung in einer zweiteiligen MC-Klausur (max. 32 Punkte) und der erreichten Punktzahl im OSPE (max. 8 Punkte).

Im Anschluss an den Kurs wurde eine fakult?tsinterne Evaluation ?ber den gesamten mikroskopischen Kurs durchgef?hrt. Die Studierenden konnten ebenso im Rahmen einer abteilungsinternen Evaluation mit Hilfe eines Fragebogen zur OSPE-Pr?fung zu 15 Fragen und einer Freitextantwort ihre Beurteilung zwischen "Ja, sehr" und "nein, ?berhaupt nicht" in 5 Abstufungen abgeben.

Ergebnisse

Die OSPE-Pr?fung, an der 413 Human- und Zahnmediziner teilnahmen, konnte komplikationslos unter Einhaltung des vorgegebenen Zeitplans durchgef?hrt werden.

Die durchschnittlich erreichte Punktzahl lag bei 6,87 von 8 Punkten. Die weiteren Ergebnisse im OSPE, den MC-Klausuren und im Gesamtergebnis sind den Abildungen. 2 und 3 [Abb. 2] [Abb. 3] zu entnehmen.

Abbildung 2: Gesamtergebnis im Vergleich zu Teilpr?fungsergebnissen

Abbildung 3: Leistung in den einzelnen Teilpr?fungen abh?ngig vom Gesamtergebnis (SS 2005)

Die Pr?flinge, die im OSPE f?nf oder weniger Fragen richtig beantworteten, konnten zu 97% den Kurs nicht erfolgreich abschlie?en. Die ?brigen Pr?flinge erreichten zu 70% die Bestehensgrenze von 60% der maximalen Punktzahl. Umgekehrt wurde aber auch deutlich, dass Studierende, die im Gesamtergebnis eher schlecht abgeschnitten hatten, dennoch im OSPE gute Ergebnisse erzielten (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Als Ma? f?r die Reliabilit?t des OSPE konnte in der Inter-Itemanalyse nach Cronbach ein Wert von 0,4 erzielt werden. Insgesamt ergab sich eine hochsignifikante (p=0,01) Korrelation zwischen der erzielten Punktzahl in den MC-Klausuren und im OSPE mit einem m??igen Korrelationskoeffizienten nach Pearson von 0,443.

Die Studierenden beurteilten die Vorabinformation zur Pr?fung, die Organisation und Durchf?hrung derselben, sowie den Inhalt der Fragen als sehr gut. Eine Mehrheit der Studierenden sah diese Pr?fungsmethode als gut bis sehr gut (1,75) geeignet an, um die vermittelten Kursinhalte abzufragen und konnte sich im Kurs ad?quat auf diese neue Pr?fung vorbereiten. Als Pr?fungsvorbereitung wurden die Nutzung des Kursskriptes und die M?glichkeit zum Eigenstudium am Mikroskop h?her eingestuft, als das Anfertigen von Pr?paratezeichnungen w?hrend der Kurszeit.

Im Vergleich zu den zuvor genannten Evaluationspunkten schlechter bewertet wurden die Fragen nach einem ausreichendem Feedback bzw. einem Lernerfolg durch die Pr?fung bzw. das Pr?fungsverfahren selbst.

In ?hnlicher Weise beurteilten die Studierenden, dass die OSPE-Pr?fung zwar einen Einfluss auf ihr Lern- und Arbeitsverhalten im Kurs hatte, dies aber nicht besonders ausgepr?gt war. Die neue Pr?fungsform bot den Studierenden erstmals Gelegenheit ihre praktischen Fertigkeiten individuell zu pr?sentieren. Dies hatte einen motivierenden Effekt, so dass zum Teil sogar eine Erh?hung des Anteil der praktischen Pr?fung von jetzt 20% an der Gesamtpr?fung gew?nscht wurde, und dies obwohl die Studierenden durchschnittlich mehr als 5 Stunden zus?tzlich f?r die Pr?fungsvorbereitung investierten. Die detaillierte Auswertung des Evaluationsbogens ist in Abbildung 4 [Abb. 4] aufgef?hrt.

Abbildung 4: Studentische Bewertung der OSPE-Pr?fung SS 2005 (Durchschnittsbewertung 2,05)

Ergebnisse zu den ?brigen Ver?nderungen in der Kursstruktur, wie z.B. der Parallelisierung von Vorlesung und Kurs, wurden im Rahmen der fakult?tsweiten Akzeptanzevaluation nicht als eigenst?ndige Items abgefragt, allerdings zeigte sich in der Auswertung zum Gesamturteil ?ber den Kurs der mikroskopischen Anatomie auf einer Benotungsskala von 1 bis 5 ein Wert von 2,13. Im Vergleich zum SS 2004 (2,28) und SS 2003 (2,24) wurde das Praktikum somit besser beurteilt. Im Vergleich zum Vorjahr ergab sich damit sogar ein sehr signifikanter (p=0,007) Unterschied (U-test nach Mann und Whitney) in der Beurteilung.

Diskussion

Standardisierte Pr?fungen, die praktische Fertigkeit abfragen, wie der OSCE (objective structured clinical examination) sind bereits seit langem beschriebene Verfahren [8]. Aber in Deutschland hat sich diese Pr?fungsmethode vorwiegend nur im klinischen Studienabschnitt zur ?berpr?fung von praktischen und kommunikativ-sozialen Fertigkeiten durchgesetzt, da insbesondere personell aufw?ndige m?ndliche Pr?fungen so effizienter gestaltet werden k?nnen [9]. Im vorklinischen Studienabschnitt bzw. in klinisch-theoretischen Fachgebieten ist dieses Pr?fungsverfahren fast gar nicht etabliert. In der Anatomie wird ?ber praktische Pr?fungen auch nur exemplarisch berichtet [10].

In der Anatomie Ulm haben wir den OSPE als lernzielbasierte Pr?fungsmethode etabliert. Allen praktischen Pr?fungsverfahren gemeinsam ist dabei zumindest in der Etablierungsphase ein gro?er Zeit- und Personalaufwand. Dennoch konnte im Bereich der Histologie der OSPE-Test neben einer ?berschaubaren finanziellen Investition, relativ einfach eingef?hrt werden. Da man sich in der hier pr?sentierten modifizierten Form die Ressourcen des Kurses f?r die Pr?fung zunutze machen konnte, wurden Praktikumspl?tze einfach zu standardisierten Pr?fpl?tzen aufger?stet.

Die OSPE-Pr?fung ist eine standardisierte Pr?fungsform mit einer h?heren Objektivit?t im Vergleich zu herk?mmlichen m?ndlichen Pr?fungen, sowie der M?glichkeit bereits vorab durch die Auswahl der Pr?fungsfragen ein f?r die Gesamtkohorte einheitliches Pr?fungsniveau festzulegen. Eine Einsch?tzung, die auch dadurch unterst?tzt wird, dass sich die Studierenden gerecht beurteilt f?hlten.

Die OSPE-Pr?fung erscheint uns als gute M?glichkeit, die Nachteile einer rein kognitiven Leistungskontrolle, wie z.B. die Unf?higkeit, praktische Inhalte oder aktiv zu reproduzierende Inhalte abzufragen, aufzufangen [11].

Allerdings zeigte die OSPE-Pr?fung auch die Nachteile einer praktischen Pr?fung im Vergleich zu MC-Fragen. Die geringe Anzahl an abgefragten Items im OSPE f?hrte demnach nur zu einem m??igen Wert (Cronbach alpha) f?r die Reliabilit?t.

Au?erdem wurde sie als Pr?fungsverfahren von den Studierenden in hohem Ma?e (sehr geeignet bis geeignet (1,75) zur ?berpr?fung der Kursinhalte) akzeptiert. Vielleicht auch deshalb, weil es gelungen ist, die praktischen Lernziele des Kurses ausreichend w?hrend der Kurszeiten zu vermitteln, und sich die Studierenden daher in der Pr?sentation der erlernten praktischen Fertigkeiten kompetent f?hlten. Dies sowie die ?berwiegend eindimensionale Fragestellung im OSPE, die keine zus?tzliche Transferleistung verlangte, sondern sich auf die Reproduktion bzw. das eindeutige Bezeichnen von einzustellenden Pr?paratestrukturen beschr?nkte, erkl?ren nach unserem Ermessen das relativ gute Pr?fungsergebnis (? 6,87 von 8 Punkten). Der nur m??ig hohe Korrelationskoeffizient zwischen MC-Klausuren und OSPE k?nnte darauf hindeuten, dass mit dem OSPE tats?chlich andere Kompetenzen der Studierenden abgefragt werden, was insbesondere den schw?cheren Studierenden zu gute kommt.

Die Tatsache, dass die Studierenden nur einen geringen Lernerfolg durch die Pr?fung selbst wahrgenommen haben (2,71), begr?ndet sich darin, dass die reine Reproduktion von Kursinhalten durch Wiedererkennen keinen Lernerfolg im engeren Sinne impliziert, sondern allenfalls einen Pr?fungserfolg f?r den Studierenden. Keinen Zusammenhang sahen wir in der Beurteilung des Lernerfolgs und dem fehlenden individuellen Feedback.

Durch die vorgegebene Struktur ist die OSPE-Pr?fung aber auch ein besonders labiles Pr?fungsverfahren im Hinblick auf kurzfristige z.B. krankheitsbedingte Ausf?lle und erfordert daher die Vorausplanung von Alternativl?sungen. Um eine objektive, standardisierte Pr?fung zu gew?hrleisten, darf nicht auf eine akribische Vorbereitungsphase - insbesondere Pr?ferschulung - verzichtet werden. W?hrend eine MC-Fragen Klausur auch isoliert als Erfolgskontrolle Anwendung finden kann, kann die OSPE-Pr?fung nach unseren ersten Erfahrungen nicht alleine stehen, sondern sollte nur als erg?nzendes Verfahren z. B. zur schriftlichen Leistungskontrolle im MC-Modus eingesetzt werden, da eine umfassende Abfrage detaillierten kognitiven Wissens mit dem OSPE nur eingeschr?nkt m?glich ist. In dem eng getaktetem Pr?fungsablauf ist es nur eingeschr?nkt m?glich, mehrdimensional formulierte, den MC-Fragen vergleichbare, Aufgaben in ausreichender Anzahl zu bearbeiten, was aber erst eine bessere Abbildung des Leistungsspektrums der Gesamtkohorte erm?glichen w?rde.

F?r entscheidend wichtig erachten wir die Beurteilung der Studierenden, dass die OSPE-Pr?fung deren Lern- und Arbeitsverhalten im Kurs beeinflusst hat. Vielleicht w?re das Ausma? dieser Einsch?tzung noch deutlicher gewesen, wenn die Frage des Evaluationsbogen ("Hat die OSPE-Pr?fung Ihr Lern- und Arbeitsverhalten im Kurs beeinflusst?") f?r die Studierenden verst?ndlicher formuliert worden w?re. An dieser Stelle sollte aber auch die subjektive Einsch?tzung der Pr?fer bzw. der Dozenten im Kurs eingebracht werden, die eine aktivere Mitarbeit der Studierenden, eine erh?hte Frequenz vertiefender Fragen und eine vermehrte Diskussions-bereitschaft verzeichneten.

Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass ein OSPE in der mikroskopischen Anatomie einfach zu organisieren und praktikabel durchf?hrbar ist. Es gelang durch die Einf?hrung der OSPE-Pr?fung in der mikroskopischen Anatomie unter Schonung der personellen Ressourcen eine praktikable Pr?fungsmethode zur Abfrage mikroskopisch anatomischer Kenntnisse zu etablieren und studentisches Lern- und Arbeitsverhalten zu beeinflussen. Die Gesamtheit aller Ver?nderungen im Kursablauf, die auf eine vermehrte praktische T?tigkeit im Kurs ausgerichteten waren, hat zu einem verbesserten Gesamturteil des Kurses gef?hrt.

Eine Beurteilung inwieweit die OSPE-Pr?fung ad?quat auf den praktischen Pr?fungsteil der m?ndlichen Physikumspr?fungen vorbereitet und ggfs. auch zu einem verbesserten Abschneiden f?hrt steht noch aus, da das studentische Klientel des SS 2005 sich jetzt ?berwiegend erst im 4. vorklinischen Semester befindet.


Literatur

[1] Bundesrat. Approbationsordnung f?r ?rzte von 27. Juni 2002. Bonn: Bundesgesetzblatt. 2002;1(44). Zug?nglich unter: http://www.bmgs.bund.de/download/gesetze/gesundheitsberufe/AeAppO.pdf.
[2] B?ckers A, Fassnacht U, Bockmann J, B?ckers TM. A project report about the new integrated seminar "broken bone" at the department of anatomy and cellbiology of the University of Ulm. Posterpr?sentation, Jahrestagung der - GMA. M?nster. GMS Z Med Ausbild. 2005;22(4):Doc89.
[3] Universit?t Ulm. Studienordnung (Vorklinik) nach Approbationsordnung in der Fassung vom 2.08.2005 (inkl. ?nderungssatzung g?ltig ab 1.10.2005). Ulm, Universit?t Ulm: 2005. Zug?nglich unter: http://www.uni-ulm.de/medizin/fileadmin/medizin/studium/downloads/Gesetzliche_Regelungen/StudienordnungVorklinik2005.pdf
[4] Barman A. Critiques on the Objective Structured Clinical Examination. Ann Acad Med Singapore, 2005;34(8):478-482.
[5] Sandila MP, Ahad A, Khani ZK. An objective structured practical examination to test students in experimental physiology. J Pak Med Assoc. 2001;51(6):207-210.
[6] Debatin KM, Scholz W. Die ?rztliche Ausbildung in Ulm. GMS Z Med Ausbild. 2006;23(1):Doc22.
[7] Filler TJ, Abele H, Vollmar-Hesse I, Peuker ET. Neue Wege der Internet-gest?tzten Lehre in der Anatomie. Ann Anat. 1999;181(5):499-508.
[8] Harden RM, Gleeson FA. Assessment of clinical competence using an objective structured clinical examination (OSCE). Med Educ. 1979;13(1):41-54.
[9] Schrauth M, Riessen R, Schmidt-Degenhard T, Wirtz HP, J?nger J, H?ring HU, Claussen CD, Zipfel S. Praktische Pr?fungen sind machbar. GMS Z Med Ausbild. 2005;22(2):Doc20.
[10] Schubert S, Schnabel K, Winkelmann A. 3D-MC-ein praktikabler und reliabler Test anatomischen Wissens. GMS Z Med Ausbild. 2005;22(4):Doc112.
[11] Schulze J, Drolshagen S, N?rnberger F, Ochsendorf F, Sch?fer V, Brandt C. Einfluss des Fragenformates in Multiple-choice-Pr?fungen auf die Antwortwahrscheinlichkeit: eine Untersuchung am Beispiel mikrobiologischer Fragen. GMS Z Med Ausbild. 2005;22(4):Doc218.