Symposium: Klinische Kompetenzentwicklung - Forschungs- und Entwicklungsherausforderungen in Deutschland am 7. und 8. März 2013 im CharitéCrossOver
Dorothea Tegethoff 1Manuela Bergjan 1
1 Charité - Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizin-, Pflegepädagogik und Pflegewissenschaften, Berlin, Deutschland
Symposium
Am 7. und 8. März 2013 trafen sich auf Einladung des Instituts für Medizin-, Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft der Charité-Universitätsmedizin Berlin zahlreiche deutsche und europäische Experten und Expertinnen im Bereich der klinischen Kompetenzentwicklung in Pflege, Medizin und anderen Gesundheitsberufen. Ziel des Symposiums war die Entwicklung von Forschungs- und Entwicklungsperspektiven zu Fragen der klinischen Kompetenzentwicklung und die Vernetzung und Koordination entsprechender Forschungsaktivitäten.
Eröffnet wurde das Symposium durch Prof. Michael Ewers (Charité), der in seinem Eingangsvortrag das Thema „klinische Kompetenzentwicklung“ ausleuchtete. Seine Ausführungen strukturierten das Feld der klinischen Kompetenzentwicklung in die Schwerpunkte: Lernstrategien, Assessment und Feedback, Akteure im Lernprozess und Lernumgebungen. Diese Struktur des Themas begleitete die Teilnehmer und Teilnehmerin durch das gesamte Symposium.
Keynote-Speaker Prof. Madeleine Abrandt-Dahlgren aus Linköping beleuchtete einen übergreifenden Aspekt der klinischen Kompetenzentwicklung, nämlich das interprofessionelle Lernen. Sie berichtete über die Erfahrungen, Forschungsergebnisse und Entwicklungen, die in den letzten Jahrzehnten an der Universität Linköping mit dem interprofessionellen Lernen gemacht wurden.
Unter anderem versorgen die Studierenden verschiedener Studiengänge in Linköping auf „interprofessional educational units“ gemeinsam unter Supervision Patientinnen und Patienten. Die Ergebnisse dieser Lehr- und Lernformen werden positiv bewertet.
Analog der vorgestellten Struktur fand eine aktive Auseinandersetzung zu den vier Arbeitsschwerpunkten Lernstrategien, Assessment und Feedback, Akteure im Lernprozess und Lernumgebungen statt, wobei jeder Programmschwerpunkt durch ein Impulsreferat eines Experten bzw. einer Expertin eröffnet wurde. In engagierten Diskussionen entwickelten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen die jeweiligen Themen weiter.
Dr. Kai Schnabel MME (Universität Bern) stellte am Beispiel „clinical skills“ die Entwicklung von Lernstrategien in der medizinischen Ausbildung dar. So berichtete er, dass inzwischen nahezu alle medizinischen Fakultäten über „skillslabs“ verfügen und mit Simulationen als Lernstrategie arbeiten. Herr Schnabel stellte zudem die übergreifenden Aktivitäten zur Konsentierung von Kompetenzmodellen auf nationaler Ebene dar. In der Diskussion wurde vor allem die Frage nach dem konkreten Transfer von im geschützten Setting gelernten „skills“ in die Praxis aufgeworfen.
Prof. Ingrid Darmann-Finck von der Universität Bremen erläuterte Möglichkeiten und Grenzen der Kompetenzmessung über die reine Performanzmessung praktischer Fertigkeiten hinaus, indem sie die theoretische Fundierung des Kompetenzbegriffes in den Mittelpunkt stellte. Ihre Ausführungen zeigten sowohl die Notwendigkeit der Qualifikationsforschung mit Blick auf die Verwertbarkeit von Gelerntem als auch die Bedeutung von Bildung als grundsätzlich nicht zweckgebundene und kaum messbare Entwicklung der Persönlichkeit.
Der erste Tag des Arbeitssymposiums klang im „Fenster der Wissenschaften“ des CharitéCrossOver bei einem Empfang aus.
Am 8. März berichtete Dr. Anne Simmenroth-Nayda unter dem Stichwort „Akteure im Lernprozess“ von Ergebnissen aus der Arbeit mit Simulationspatienten, die sie an der Universität Göttingen leitet. Simulationspatienten ermöglichen Studierenden die Erfahrung von „fast echten“ klinischen Situationen, die standardisiert sind und supervidiert werden. In der Diskussion wurde unter anderem der Frage nachgegangen, welche Erkenntnisse über Simulationen gewonnen werden können, die den „patient as teacher“ auch in der klinischen Wirklichkeit stärken.
Dr. Manuela Bergjan (Charité) stellte zum Schwerpunkt „Lernumgebungen“ die traditionell klinischen Ausbildungs- und Studienphasen ins Zentrum der Diskussion. Dabei betonte sie die Bedeutung des sozialen Bedingungsgefüges der Praxisgemeinschaft vor dem Hintergrund des situierten Lernens sowie die Notwendigkeit der Evaluation dieses Gefüges. Mit der Vorstellung des international etablierten Evaluationsinstuments „Clinical learning environment and supervision and nurse teacher scale (CLES+T scale) wurde u.a. über die Möglichkeiten und Grenzen einer systematischen Evaluation sozialer Komponenten des Lernens diskutiert.
Schließlich erläuterte Prof. Rebecca Spirig aus Zürich in ihrem Abschlussvortrag ein Karrieremodell für die Pflege, das im Universitätsspital Zürich zur Anwendung kommt. Sie zeigte, angelehnt an das Kompetenzmodell von Benner, wie eine Gesundheitsprofession auf unterschiedlichen Kompetenzniveaus arbeiten kann: „nicht alle sind gleich“, aber „alle sind gleich wichtig“.
In einer abschließenden Diskussionsrunde wurden die dringendsten Forschungsdesiderate diskutiert. Es zeigt sich, dass die Forschungslücken in allen genannten Bereichen in Deutschland erheblich sind und vielfach grundsätzliche Arbeiten, wie die Entwicklung von Kompetenzprofilen für die Gesundheitsprofessionen noch ausstehen.
Das Symposium bot Gelegenheit für zahlreiche Kontakte und soll Auftakt eines Dialogs und einer Reihe von koordinierten Forschungsaktivitäten sein.
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.