Dirk Preuß: ...et in pulverem reverteris? Vom ethisch verantwortetem Umgang mit menschlichen Überresten in Sammlungen sowie musealen und sakralen Räumen
Sven Anders 11 Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Rechtsmedizin, Hamburg, Deutschland
Bibliographische Angaben
Dirk Preuß
... et in pulverem reverteris? Vom ethisch verantwortetem Umgang mit menschlichen Überresten in Sammlungen sowie musealen und sakralen Räumen
München, Herbert Utz Verlag
ISBN: 978-3-8316-0739-6
102 Seiten, € 24,80
Erscheinungstermin: 2007
Rezension
Das Thema wurde durch den Autoren offenbar zunächst im Rahmen einer theologischen Diplomarbeit dargestellt und zur Veröffentlichung in Buchform überarbeitet. Die Herkunft ist dem Text deutlich anzumerken: Aus moralphilosophischer Sicht werden hier Grundlagen und Kriterien für den Umgang mit Verstorbenen und Geweben insbesondere in Sammlungen und zu Ausstellungszwecken herausgearbeitet. Auf den ersten Blick mag medizinischen Lesern hier die pragmatische Ebene, die Handlungsleitlinie fehlen. Aber dennoch: Das Buch hat für die Medizin gewiss seine Bedeutung und entfaltet nach der Lektüre auch eine durchaus pragmatische Handlungsebene.
Der Autor stellt zunächst den rechtlichen Rahmen dar und klärt Begriffe aus dem Umfeld der „menschlichen Überreste“. Schon hierbei wird klar, dass es deutliche Unterschiede gibt: Zwischen einem anatomischen Feuchtpräparat, etwa eines menschlichen Föten, einem Schädelfragment und einer Tumor-Gewebebank wird zu unterscheiden sein, auch wenn es sich nüchtern betrachtet in allen Fällen um menschliche Überreste handelt, die für Forschungszwecke archiviert werden. Und hierin liegt auch der Grund, warum das Buch keine Patentrezepte liefern kann, wohl aber Hilfe bei der eigenen Einzelfallprüfung leistet.
So spricht Dirk Preuß den menschlichen Überresten etwa keine Menschenwürde zu, wohl aber eine relative Würde. Und er weist darauf hin, dass sich der Umgang primär an den Lebenden zu orientieren hat – den Angehörigen, der breiteren Öffentlichkeit und dem Willen des Verstorbenen zu Lebzeiten. Weitere Aspekte, die in dem Buch besprochen werden und die in der Einzelfallprüfung am Sammlungsobjekt Anwendung finden können, sind der Erwerbungsmodus der Objekte sowie der kulturelle Hintergrund des jeweiligen Herkunftslandes.
Zusammengefasst handelt es sich um ein wirklich sehr lesenswertes Buch, welches in keiner Bibliothek anatomischer, pathologischer oder rechtsmedizinischer Institute fehlen sollte, die eine eigene Sammlung unterhalten. Aber auch klinisch-wissenschaftlich tätigen Kollegen ist eine Lektüre anzuraten, da, wenn auch nur streiflichtartig, auch die Problematik klinischer Gewebesammlungen berührt wird. Schließlich handelt es sich um ein empfehlenswertes Buch für medizinethisch und medizinhistorisch interessierte Kollegen. So ist dem Text über das eigentliche Kernthema hinaus noch so manches zu entnehmen: Etwa, dass es keine historische christliche Beisetzungs- und Bestattungskultur gibt oder das der Wille eines Verstorbenen zur Beisetzung nicht zwanglos unterstellt werden darf, unterliegt dieser doch dem gesetzlichen Bestattungszwang.
Alles in allem ein empfehlenswertes Buch, das in den meisten Passagen trotz des ernsten Themas locker zu lesen ist. Lediglich zum Ende des Textes hin gewinnt der moralphilosophisch-trockene Duktus etwas sehr die Oberhand, was in der Gesamtwürdigung jedoch verzeihlich ist.