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GMS Journal for Medical Education__Temp

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

2366-5017__Temp


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Projekt
Humanmedizin

[Communication training as a part of medical education]

 Corinna Petersen 1
Wiebke Busche 1
Corinna Bergelt 1
Gisela Huse-Kleinstoll 1

1 Institut und Poliklinik f?r Medizinische Psychologie, Universit?tsklinik Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Abstract

Within the last years, the importance of communication skills regarding the doctor-patient-relationship received more attention. Medical school curricula for future physicians must include teaching of communication skills as well. A pilot project for training communicative basic skills at the University Hospital Hamburg-Eppendorf will be presented. The content of teaching was generated by employees of the Institute and Policlinics of Medical Psychology. Contents of the course will be described and experiences discussed.


Keywords

communication, training, medical students

Einleitung

Arzt-Patient-Kommunikation stellt seit Beginn der Etablierung des Faches ein Schwerpunktthema der Medizinischen Psychologie dar, und die Konsequenzen einer guten bzw. erfolgreichen Kommunikation wurden bereits in zahlreichen Studien untersucht. Die Untersuchungen konnten aufzeigen, dass eine partnerschaftliche Arzt-Patient-Kommunikation die Basis f?r eine gute Compliance auf Seiten der Patienten darstellt (siehe z.B. [11], [5]). Eine gute Patientencompliance bedingt wiederum einen verbesserten Behandlungserfolg. Daher ist es auch eine zentrale Aufgabe der Lehre, ?rztliches Kommunikationsverhalten zu schulen. So gewinnt die Vermittlung kommunikativer F?higkeiten auch im Rahmen der neuen Approbationsordnung f?r ?rzte [2] an Bedeutung. Psychosoziale Anforderungen des Arztberufes werden h?ufig erstmals explizit in Lernzielkatalogen der medizinischen Lehre ber?cksichtigt. In den letzten Jahren ist auch auf Seiten der Lehrenden ein zunehmendes Bewusstsein der Notwendigkeit, kommunikative F?higkeiten in den Lehrplan zu verankern, zu verzeichnen. Auch von den angehenden ?rzte selbst werden soziale Kompetenzen als eine grundlegende Voraussetzung f?r die Berufsaus?bung angesehen. Die derzeitige Ausbildung wird dagegen als defizit?r eingesch?tzt [9]. Die Entwicklung neuer Seminarinhalte und der Einsatz innovativer didaktischer Methoden sind daher erforderlich, um kommunikative Kompetenzen zu vermitteln. Die Frage, ob ein solches Unterfangen ?berhaupt sinnvoll ist, konnte von Langewitz und Kollegen [15] positiv beantwortet werden. Die Autoren wiesen in einer randomisierten kontrollierten Studie nach, dass kommunikative F?higkeiten erlernbar sind. Eine Reihe weiterer Studien zur Evaluation von Gespr?chsf?hrungs-Curricula [18], [20], zur Absch?tzung von positiven Ver?nderungsm?glichkeiten des ?rztlichen Gespr?chsverhaltens in der psychosomatischen Grundversorgung [12] sowie zur Bewertung des Effektes themenspezifischer Kommunikationskurse [3], [4], [19] st?tzen diese Ergebnisse. Die langfristige Wirksamkeit eines Kommunikations-Trainings wurde von Maguire [16] berichtet. Es zeigte sich, dass Studierende, die ein entsprechendes Training durchlaufen hatten, auch nach vier bis sechs Jahren noch ?ber bessere kommunikative Fertigkeiten verf?gten als die Kontrollgruppe.

Konkrete Ans?tze zur Umsetzung der Vorgaben der neuen Approbationsordnung werden derzeit von verschiedenen Universit?ten berichtet. Die curriculare Umsetzung an den Medizinischen Fakult?ten Heidelberg und Dresden wurden von J?nger und K?llner [10] und K?llner et al. [14] im Detail beschrieben. F?r das Heidelberger Modell werden als Lehrmethoden der Einsatz von geschulten, standardisierten Patienten, studentischen Rollenspielen, Videos und ?bungen zur Selbsterfahrung aufgef?hrt. Die Autoren bem?ngeln zwar den organisatorischen und finanziellen Aufwand beim Einsatz von Simulationspatienten, heben aber auch die Realit?tsn?he dieses Ansatzes hervor. Das Dresdener Modell fokussiert vor allem auf die Themen „Aufkl?rung ?ber Medikamente" und „Diagnosemitteilung in der Onkologie" und zielt l?ngerfristig auf eine Verankerung des Kommunikationstrainings in m?glichst vielen Kursen ab. Das M?nsteraner Modell [18] basiert hingegen auf der psychotherapeutischen Plananalyse, enth?lt Elemente systemischer Supervision und problemorientierten Lernens und stellt die Exploration psychosomatischer bzw. psychiatrischer Patienten durch jeweils zwei Kursteilnehmer vor der Einwegscheibe in den Mittelpunkt. Am Universit?tsklinikum Hamburg-Eppendorf wurden die curricularen Defizite bei der Vermittlung kommunikativer Fertigkeiten im Medizinstudium bereits Mitte der 90er Jahre erkannt und bei der damals beginnenden Planung des Modellstudienganges POL (Problem-Orientiertes-Lernen) ber?cksichtigt. Am Institut f?r Medizinische Psychologie wurde ein Konzept f?r die Vermittlung kommunikativer F?higkeiten im Medizinstudium entwickelt, das in der Folge nicht nur im POL-Studiengang, sondern in einer Variante auch im Rahmen des Regelstudienganges umgesetzt wurde. In der vorliegenden Arbeit werden sowohl Aufbau und Inhalt dieses Trainings, als auch Erfahrungen mit der Durchf?hrung des Seminars in zwei verschiedenen Studentenkohorten (POL-Studiengang/Regelstudiengang) dargestellt. Dar?ber hinaus werden erste Evaluationsergebnisse berichtet.

Das Hamburger Modell

Das Curriculum zur Verbesserung kommunikativer Fertigkeiten in der studentischen Ausbildung im Rahmen des Modellstudiengangs POL besteht aus zwei Kursen zu je einer Semesterwochenstunde (SWS) im 2. und 5. Semester. Der erste Kurs soll den Studierenden Basisfertigkeiten in der Gespr?chsf?hrung vermitteln, der zweite Aufbau-Kursus fokussiert die Anwendung dieser Basisfertigkeiten in schwierigen Situationen, wie z.B. die Mitteilung einer schwerwiegenden Diagnose im gemeinsamen Gespr?ch mit Patient/in und Partner/in. Das Konzept der Kurse sieht eine Teilnehmerzahl von max. 15 Studierenden vor. Ein zentrales Element der beiden Kurse ist der Einsatz von Simulationspatienten, um die Gespr?chssituationen m?glichst realit?tsnah trainieren zu k?nnen. Bei der Durchf?hrung des Basiskurses wurde die Rolle der Simulationspatienten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts f?r Medizinische Psychologie ?bernommen. Im zweiten Kurs wurden interessierte Medizin- und Psychologiestudierende aus h?heren Semestern in einem 4-st?ndigen Training f?r den Einsatz als Simulationspatienten geschult. Die Schulung umfasste sowohl Wissensvermittlung zu thematisierten Erkrankungen, zur Verarbeitung der Diagnosemitteilung und Krankheit durch Patienten und ihre Partner sowie zu wichtigen Elementen der Gespr?chsf?hrung als auch ?bungen anhand von Rollenanweisungen, inklusive der R?ckmeldung eigener Gespr?chserfahrungen durch die Simulationspatienten. Sowohl in der Lehre als auch in den Pr?fungen wurde der K?lner Evaluationsbogen Kommunikation (KEK) [13] verwendet. Im Folgenden werden Kursinhalte im Detail getrennt voneinander dargestellt.

Kurs I: Erwerb von Basisfertigkeiten der Gespr?chsf?hrung

Der Basiskurs verteilt sich auf vier Praktikumstage von 3,5 Zeitstunden mit einer 15min?tigen Pause. Alle Kurstage folgen einer fester Struktur: im ersten Teil werden theoretische Kenntnisse vermittelt und diskutiert und gegebenenfalls durch Kleingruppenarbeit erg?nzt. Im zweiten Teil werden zun?chst die zu ?benden Gespr?chselemente dargestellt und anhand des K?lner Evaluationsbogens Gespr?chsf?hrung erkl?rt. Anschlie?end werden diese Inhalte in Rollenspielen mit Simulationspatienten ge?bt. Pro Praktikumstag werden bis zu vier Rollenspiele mit verschiedenen Variationen durchgef?hrt, damit alle Kursteilnehmer mindestens einmal selbst trainieren k?nnen. Die vier Schwerpunktthemen im Theorieteil des Kurses „Erwerb von Basisfertigkeiten der Gespr?chsf?hrung" sind:

• Wahrnehmung unterschiedlicher Ebenen der Kommunikation,

• Einstellungen und Verhaltensweisen von ?rzten und ihre Auswirkungen auf die Kommunikation von Emotionen in der Arzt-Patient-Beziehung/ Grundhaltungen der ?rztlichen Gespr?chsf?hrung,

• Symmetrische und asymmetrische Kommunikation sowie

• Compliance in der Arzt-Patient-Beziehung/Motivation zur Verhaltens?nderung.

Die Elemente der Gespr?chf?hrung nach dem KEK, die im Basiskurs trainiert werden, sind:

• „Beziehung aufbauen" und „Anliegen anh?ren",

• „Emotionen zulassen",

• „Details explorieren" sowie

• „Vorgehen abstimmen" und „Res?mee ziehen".

Die Elemente „Beziehung aufbauen", „Anliegen anh?ren" und „Emotionen zulassen" haben als Lernziele des Kurses die h?chste Priorit?t. Aufgrund des im 2. Semester noch fehlenden klinischen Hintergrundes bei den Studierenden standen weniger medizinische Details, m?gliche diagnostische Schritte und Behandlungsm?glichkeiten, als vielmehr eine Zusammenfassung des Anliegens, die Erfassung des Befindens und der Verhaltensweisen der Simulationspatienten sowie die Abstimmung in der Planung des weiteren Vorgehens im Vordergrund. Die Rollenanweisungen der Simulationspatienten wurden auf die aktuellen w?chentlich wechselnden Fallbeispiele abgestimmt. Es wird jeweils mit einem Simulationspatienten pro Gruppe und Einheit gearbeitet. Die Simulationspatienten erhalten f?r die mehrmalige Durchf?hrung der Rollenspiele unterschiedliche „Regieanweisungen", mit der das Rollenspiel so variiert wird, dass f?r die Studierenden eine jeweils unterschiedliche Gespr?chssituation entsteht. Diese Anweisungen betonen unterschiedliche, krankheits- und situationsabh?ngig vorkommende Verhaltensweisen oder pers?nliche Verhaltensdispositionen und sind den Lernzielen der vier Unterrichtseinheiten angepasst.

Eine modifizierte Version des hier dargestellten Kurses I wurde auch im Rahmen des Regelstudiengangs im ersten Semester des Medizinstudiums angeboten mit dem Ziel, kommunikative Fertigkeiten m?glichst schon bei Studienbeginn zu vermitteln. Da insgesamt mehr Studierende unterrichtet werden mussten, stieg die Anzahl der Teilnehmer pro Kurs. Insgesamt wurden 23 Kurse mit jeweils 15-18 Studierenden durchgef?hrt. Die Veranstaltung wurde in drei vierst?ndigen Einheiten durchgef?hrt, die wiederum auf die Vermittlung von Basisfertigkeiten fokussierten. Die Rollenspiele wurden als zentrales Element ?bernommen, jedoch musste die Rolle des Simulationspatienten jeweils von einem Studierenden ?bernommen werden.

Kurs II: Aufbaukurs Gespr?chsleitung

Der Aufbaukurs ist f?r eine Semesterwochenstunde konzipiert, die auf f?nf Unterrichtstage ? zwei Zeitstunden verteilt sind. Die Kurstage 1 und 3 dienen vor allem der Wissensvermittlung. Die ?bungssequenzen werden kompakt an den Kurstagen 2 und 4 durchgef?hrt. Die ?bungsgespr?che werden mit laufender Videokamera aufgezeichnet und von den Studierenden au?erhalb des Unterrichts anhand eines Leitfadens analysiert. Der Kurstag 5 beinhaltet die Besprechung ausgesuchter Ausschnitte der Videob?nder und die Vorbereitung auf die Pr?fung.

Am ersten Kurstag wird den Studierenden eine Einf?hrung in den Ablauf der Veranstaltung gegeben. Dar?ber hinaus werden „Patientenrechte", „Diagnostik und Behandlung von Krebspatienten" und m?gliche „Verlaufstadien" thematisiert und diskutiert. Anschlie?end wird das Basiswissen der Gespr?chsf?hrung aus Kurs I wiederholt und das Thema „Mitteilung von schweren Diagnosen" eingef?hrt. Am Ende der 1. Einheit werden Gruppenreferatsthemen f?r den dritten Kurstag verteilt.

Am zweiten Kurstag werden Gespr?che zur Er?ffnung der Diagnose durch die Studierenden vor laufender Kamera ge?bt. Es werden bis zu sechs Gespr?che mit zwei Simulationspatienten gef?hrt. Wie im Basiskurs werden hier bei den Gespr?chen unterschiedliche Regieanweisungen eingesetzt, die von den Studierenden verlangen, sich auf unterschiedliche „Patienten-Pers?nlichkeiten" einzustellen. Nach jeder ?bung findet eine ausf?hrliche Feedbackrunde statt. Die Videob?nder werden den Studierenden zur Ansicht mitgegeben. Als Arbeitsanweisung wird noch einmal auf die Beachtung einzelner Gespr?chsphasen und die Verwendung des Auswertungsschemas hingewiesen.

Am dritten Kurstag werden die Themen „Kommunikation und Aufkl?rung", „Belastungen von Patienten und Partnern bei Krebserkrankungen" und „Arzt-Patient-Kommunikation und Krebserkrankungen" bearbeitet. Diese Themen werden in Kleingruppen referiert und im Plenum diskutiert. Der vierte Kurstag fokussiert vollst?ndig auf die Simulation von Paargespr?chen. Der f?nfte Kurstag dient der Besprechung ausgesuchter Videoausschnitte im Plenum.

Pr?fung von kommunikativen Fertigkeiten

Die kommunikativen Fertigkeiten der Studierenden des POL-Studienganges werden am Ende jeden Semesters mit der „Objective Structured Clinical Examination" (OSCE) bewertet. Eine OSCE stellt einen Parcours verschiedener Stationen zur Pr?fung unterschiedlicher Kompetenzen dar, die von den Kandidaten nacheinander durchlaufen werden. Erfahrungen mit dieser Pr?fungsform wurden seit Beginn der 70er Jahre, zun?chst aus dem angloamerikanischen Sprachraum berichtet [7], [6]. Inzwischen hat dieses Modell auch im deutschen Raum einen breiten Anwendungsbereich, insbesondere zur Pr?fung komplexer Fertigkeiten wie der Arzt-Patient-Kommunikation, gefunden. Eingebettet in die Semesterabschlusspr?fung verschiedener F?cher des ersten Studienabschnittes, werden die kommunikativen Fertigkeiten an zwei Stationen getestet. Hierzu werden speziell geschulte Simulationspatienten eingesetzt. In der OSCE-Pr?fung zum ersten Kurs werden zum einen kommunikative Basisfertigkeiten und zum anderen das Benennen von Emotionen ?berpr?ft. Der Aufbaukurs schlie?t mit einer OSCE-Station zum „Paargespr?ch" sowie einer Station zum „Patientengespr?ch zur Mitteilung einer schwerwiegenden Diagnose" ab. Pro Station stehen den Studierenden f?nf Minuten Zeit zur Verf?gung, davon 30 Sekunden zur Vorbereitung bzw. zum Durchlesen der Anweisung. Die Leistungsbewertung wird durch einen geschulten Beobachter anhand eines standardisierten Einsch?tzungsbogens durchgef?hrt.

Evaluationsergebnisse

Im Rahmen der Gesamtevaluation der medizinischen Lehre wurden die Studierenden des Regelstudienganges Medizin im Wintersemester 2002 um eine Beurteilung des Praktikums „Grundlagen der Gespr?chsf?hrung" gebeten. Die Evaluation wurde vom Studiendekanat, Fachbereich Medizin, des Universit?tsklinikums Hamburg-Eppendorf durchgef?hrt. Der Fragebogen wurde am Ende des Praktikums von den Kursleitern ausgeteilt und von den Studierenden ausgef?llt. Er beinhaltet 13 Fragen zum Praktikum und zu den ?bungen, die auf einer Skala von 1 („nicht zutreffend)" bis 6 („sehr zutreffend") beantwortet werden. Zus?tzlich konnten die Teilnehmer Kritikpunkte und Anregungen notieren. Insgesamt beteiligten sich n=354 Studierende, die in 23 Gruppen unterrichtet wurden, an der Evaluation. Die Studierenden gaben dem Praktikum eine durchschnittliche Bewertung von M=3.86 (SD=1.2). Eine positive Bewertung erhielt das Praktikum in bezug auf die M?glichkeit, Fragen zu stellen (M=5.15; SD=1.0), die Organisation der Veranstaltung (M=4.26; SD=1.2), die Veranschaulichung der theoretischen Grundlagen (M=4.18; SD=1.1) und die Relevanz f?r die klinische Ausbildung (M=4.15; SD=1.2). Die Studierenden waren allerdings weniger zufrieden mit den ?bungen, insbesondere mit den Rollenspielen (M=3.14; SD=1.5). Die Anmerkungen der Studierenden bezogen sich vor allem auf die Rollenspiele und hier zeichnete sich ein geteiltes Meinungsbild ab. 57 Studierende bewerteten die ?bungen als positiv, 63 als negativ, und 56 Teilnehmer gaben an, dass das Praktikum zu fr?h im Studium angeboten wird. 48 Studierende beurteilten die Dauer der Praktikumseinheiten als zu lang. Die Atmosph?re im Praktikum wurde von 33 Studierenden gelobt. Anregungen bezogen sich haupts?chlich auf eine K?rzung der Praktikumseinheiten (n=47) und eine Verschiebung auf einen sp?teren Zeitpunkt im Studium (n=35). Eine systematische Evaluation des Kommunikationstrainings im POL-Studiengang wurde bislang nicht implementiert. Die Studierenden hatten aber die M?glichkeit, ein anonymisiertes Feedback nach jeder Sitzung zu geben. Dabei wurde die Veranstaltung als interessant und n?tzlich bewertet, Rollenspiele und Videoaufnahmen allerdings auch kritisch beurteilt. Von einigen Studierenden wurde insbesondere das ?ben vor der Gro?gruppe als angstausl?send bezeichnet.

Diskussion

Der vorliegende Artikel beschreibt den Versuch, ein Kommunikationstraining in die medizinpsychologische Lehre zu implementieren. Es wurden die Inhalte von zwei aufeinander aufbauenden Kursen dargestellt, die auf die Vermittlung von kommunikativen Basisfertigkeiten im Arzt-Patient-Kontext fokussieren. Das Training stellt dabei den Anspruch, Basisfertigkeiten zu vermitteln und Studierende zu ermutigen, das emotionale Befinden ihrer Patienten im Gespr?ch zu ber?cksichtigen. Kurse wurden im Regel- sowie im POL-Studiengang Medizin durchgef?hrt. Bei der Konzeption der Seminare wurde versucht, eine Balance zwischen Theorie und Praxis zu schaffen, um den Studierenden im theoretischen Teil Hilfsmittel f?r die Rollenspiele zu liefern. Dies ist nur zum Teil gelungen, was durch die kritische Bewertung der Rollenspiele in der Evaluation deutlich geworden ist und gibt Anlass, das vorgestellte Konzept weiter an die Bed?rfnisse der Studierenden anzupassen. Im folgenden sollen die zentralen Erfahrungen, die Rahmen der Kursdurchf?hrung gesammelt wurden, diskutiert werden. Die Diskussionspunkte beziehen sich auf die Durchf?hrung von Rollenspielen, den Einsatz von Simulationspatienten, auf organisatorische Aspekte, das Benennen von Emotionen sowie die Durchf?hrung des OSCE. Abschlie?end wird ein Ausblick auf die zuk?nftige Gestaltung des Kurses im Regelstudiengang gegeben.

Bei der Vermittlung der Lernziele wurden praxisnahe Fallbeispiele in Form von Rollenspielen als eine zentrale didaktische Methode eingesetzt. Obwohl bisher ver?ffentlichte Unterrichtskonzepte zur Vermittlung kommunikativer Fertigkeiten sich in Aufbau und Inhalt stark unterscheiden, werden Rollenspiele h?ufig schwerpunktm??ig durchgef?hrt. Empirisch unterst?tzt wird dieses Vorgehen beispielsweise durch eine Literatur?bersicht von Schildmann und Vollmann [17]. Berichtet werden Kommunikationskurse zum Thema Mitteilung schlechter Nachrichten und deren Evaluation. Rollenspiele mit anschlie?ender Diskussion dienten in fast allen berichteten Curricula als zentrale Unterrichtsmethode. Vortr?ge nahmen einen vergleichsweise geringen Teil der Kurszeit ein. Die Bewertung von kommunikativen F?higkeiten wurde meist als Selbsteinsch?tzung, durch die Simulationspatienten oder unabh?ngige Beobachter durchgef?hrt. Es zeigte sich, dass sich die Selbsteinsch?tzung nur bei praktischer und nicht bei theoretischer Erarbeitung des Themas verbessert. Langfristig scheint es wichtig deshalb zu sein, die Teilnehmer bei der Umsetzung des Erlernten in die Praxis durch die Reflexion der eigenen Haltung, eigener Hemmungen und ?ngste zu unterst?tzen. Auch f?r die Konzeption nachfolgender Kommunikationskurse stellt - trotz der oben berichteten Kritik der Studierenden - das Rollenspiel eine ad?quate didaktische Methode zur Vermittlung kommunikativer Fertigkeiten dar. Zur Verbesserung des hier dargestellten Konzeptes sollte aber die Frage des Heranf?hrens der Studierenden an die Rollenspiele und die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen ?berpr?ft werden.

Als ein zentraler Schritt in diese Richtung kann der Einsatz von Simulationspatienten gesehen werden, der sich im POL-Studiengang als ?u?ert hilfreich erwiesen hat. Die ?bungsszenen mit Simulationspatienten waren realit?tsn?her, die Studierenden konnten sich als Konsequenz besser in die einzelnen Situation hineinversetzen. Wesentlich zum Erfolg des Einsatzes von Simulationspatienten hat neben der h?heren Qualit?t der Darstellung ein gezieltes Feedback nach den ?bungen beigetragen. Dies entspricht den Erwartungen, die an das Ergebnis des Schulungsprozesses mit theoretischen und praktischen Anteilen gestellt waren. Von den Studierenden selbst durchgef?hrte Simulations?bungen (Rollenspiele) haben sich hingegen als wenig effektiv erwiesen. Insbesondere die Tatsache, dass sich Studierende, die sich wechselseitig in die Rolle von Arzt und Patient begeben, pers?nlich kennen, schr?nkte die Glaubw?rdigkeit ein. Erfahrungen aus vorangegangen Kursen im Unterrichtsfach Medizinische Psychologie haben gezeigt, dass bei den Studierenden eine gro?e Unsicherheit herrscht, sich vor dem Plenum im Rollenspiel zu zeigen. Auch wenn der Organisationsaufwand aufgrund der Simulationspatienten f?r die Kurse erheblich gestiegen ist, ist deren Einsatz w?nschenswert. Nat?rlich m?ssen dazu die notwendigen Ressourcen zur Verf?gung stehen.

Organisatorische Probleme ergaben sich im Regelstudiengang in bezug auf die Gruppengr??e und werden auch bei weiteren Kursen ein Problem darstellen. Letztendlich wird der Erfolg eines Trainings durch die Teilnehmerzahl beeinflusst. Generell ist aber festzustellen, dass sich eine Begrenzung auf 10-12 Studierende pro Gruppe als hilfreich erwiesen hat.

Inhaltlich stellte eine immer wiederkehrende Schwierigkeit f?r Studierende das Benennen von Emotionen dar. Die Wichtigkeit, das emotionale Befinden eines Patienten zu erkennen und auch zu benennen, wurde zwar von den Studierenden anerkannt, jedoch gestaltete sich die Umsetzung in den jeweiligen Rollenspielen als schwierig. Als essentiell f?r den Lehrerfolg hat sich das Ein?ben von Feedback-Runden erwiesen, die auf das emotionale Befinden fokussieren. Dabei profitierten die Studierenden vor allen Dingen von einem detaillierten Feedback der Simulationspatienten. F?r zuk?nftige Kursen ist geplant, dieses Thema noch intensiver zu bearbeiten. Hierbei sollen verst?rkt die negativen Emotionen auf Seiten der ?rzte beleuchtet werden (u.a. Angst vor N?he oder die Kontrolle zu verlieren oder von den eigenen Gef?hlen ?berw?ltigt zu werden). Des weiteren muss eine potentielle ?berforderung der Studierenden vermieden werden. Aufgrund des begrenzten Zeitbudgets k?nnen nur Basisfertigkeiten vermittelt werden. Es kann sich daher nur um den Versuch einer Sensibilisierung der Studierenden f?r das Erkennen und Ansprechen von Emotionen handeln.

Die Durchf?hrung einer OSCE f?r das Kommunikationstraining hat sich als praktikabel erwiesen. Sequenzen von wenigen Minuten sind ausreichend, um eine erste Einsch?tzung vorzunehmen. Die Objektivit?t des Verfahrens wurde durch eine Standardisierung der Rahmenbedingungen und Auswertung (identische Zeitvorgaben, trainierte Simulationspatienten, schriftliche Anweisung an der T?r des Pr?fungsraumes, standardisierte Check-Liste zur Auswertung) sicher gestellt. Das Verfahren besitzt zudem eine hohe Augenscheinvalidit?t, da die erlernten F?higkeiten nur in praktischen ?bungen sinnvoll gepr?ft werden k?nnen. Die Validit?t im Sinne einer ?bertragbarkeit der Ergebnisse der OSCE auf das reale Verhalten der Studierenden in der Praxis ist allerdings nicht garantiert. Eine weiterf?hrende Frage in diesem Zusammenhang ist, inwieweit ein breiter Einsatz dieses Pr?fungsverfahrens selbst das zuk?nftige Rollenverhalten der Studierenden und damit die Konstrukt-, Inhalts- und konkurrente Validit?t beeinflusst (siehe auch [8], [1]).

F?r nachfolgende Kurse sollen die hier kurz erw?hnten Kritikpunkte aufgegriffen werden. Im Regelstudiengang ist u. a. geplant, mit Simulationspatienten zu arbeiten und die Gruppengr??e zu reduzieren. Wegen des Selbsterfahrungsanteils sollte die Gruppe zehn Teilnehmer nicht ?berschreiten. Au?erdem wird geplant, das Kommunikationsseminar als Blockveranstaltung abzuhalten und inhaltlich st?rker auf das medizinpsychologische Seminar zu beziehen. Ein Training zum Ein?ben der Vermittlung schwieriger medizinischer Inhalte in der Arzt-Patienten-Kommunikation sollte sich auf wenige theoretische Anweisungen beschr?nken und viel Raum f?r das ?ben und die Nacharbeit lassen. Zwei Semesterwochenstunden sind dazu mindestens erforderlich. Die Verwendung von Videoaufzeichnungen ist bei diesen Trainings unverzichtbar, um unterschiedliche Gespr?chphasen zu analysieren und so einen m?glichst hohen Lerneffekt zu erzielen. Dieser Effizienzsteigerung kommt besonders in Hinblick auf die Kostenintensit?t und des Aufwandes von Trainings mit Simulationspatienten eine gro?e Bedeutung zu. Da ein Fach alleine mit der Generierung und Schulung von Simulationspatienten schnell ?berfordert sein kann, sollte diesbez?glich an einen Zusammenschluss verschiedener klinischer F?cher gedacht werden.

Hinsichtlich der Ansiedlung von Kommunikationsseminaren im Studium ist festzuhalten, dass die theoretische Einf?hrung und ?bungen zum Thema Kommunikation, Gespr?chf?hrung und Arzt-Patienten-Beziehung bereits in der Vorklinik vermittelt werden kann. Die Trainings der Gespr?chsf?hrung f?r Studierende mit dem Ziel der Vermittlung schwieriger medizinischer Inhalte sollten unbedingt im klinischen Abschnitt als Querschnittsbereich angesiedelt werden, um eine engere Verkn?pfung mit der praktischen Arbeit zu gew?hrleisten und um auf einem breiteren Erfahrungshintergrund aufbauen zu k?nnen.


Literatur

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