[Gambling kick or content motivation - what is really initialized by the introduction of software into medical biometry lessons???]
Frank Krummenauer 1Ulrike Weiler 1
1 Universit?tsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Bereich Klinische Epidemiologie und Gesundheits?konomie, Dresden, Deutschland
Abstract
Bachground: Teaching statistics to members of non-mathematical disciplines becomes increasingly based on the involvement of interactive learning software. The latter is expected to both increase understanding and motivation and thereby as well studential acceptance. The teaching model implemented at the Medical Biometry Department in Mainz will be used to consider the value of introducing an interactive software like SPSS
Methods: After an introductory lecture series, the participants of the Medical Biometry (formerly "Biomathematics") practical courses are requested to solve real data exercises by means of the software SPSS
Results: Between the 7 parallel courses the fraction of students reporting "good management with SPSS" varies between 43% and 88% (pooled estimate 58%), but among these students only 30% report a good / very good understanding of the lessons' context and only 15% a good / very good learning effect. Among students with "problems in SPSS management" these fractions both turned out 13%. Among the students with "good management with SPSS", however, 70% considered the understanding during the lecture series as good / very good, 73% reported a good / very good learning effect for the lectures; among the other students both fractions were 13%. These subgrupus only differed significantly for the questionnaire dimension "content motivation" (Likelihood Ratio p<0.001 after correction for teacher effects). Neither the lessons' structure (p=0.362), their relation to the introductory lecture series (p=0.165) nor the teachers' personal and didactical skills (p=0.407) differed significantly between the subgroups of students with and without acceptance of SPSS
Conclusion: Introduction of a software like SPSS
Keywords
biometry education, learning software, teaching quality assessment, motivation
Einleitung
Aktuelle Projekte wenden massive personelle und finanzielle Ressourcen zur Konzeption und Implementation elektronischer Lernmedien auf, welchen speziell im nicht immer geliebten Fach "Medizinische Biometrie" (ehemals "Biomathematik") das Potential einer Motivations- und damit auch Akzeptanzsteigerung bei den Studierenden zugesprochen wird. So naheliegend diese Hypothese gerade bei einem eher mit f?r Anwender "trockenen" Stoff durchsetzten Fach wie der Biometrie aus Sicht der Dozenten aber auch sein mag, so sehr scheint sie auch eine kritische Hinterfragung auf der Basis von Anwender-Bewertungen wert zu sein. Nachdem bereits an zahlreichen Instituten im Rahmen der Veranstaltung "Biomathematik" bzw. "Medizinische Biometrie" des ersten und dritten klinischen Semesters die verschiedensten Software-Module in den Unterricht einbezogen werden, ist in den letzten 5 Jahren intensiviert deren Nutzen nicht unkritisch diskutiert worden. W?hrend einerseits der m?gliche Nutzen im Wecken einer Selbstaktivit?t zur Besch?ftigung mit den Inhalten der Biometrie sowie in der M?glichkeit zur Bearbeitung von "per Hand" nicht l?sbaren komplexen Auswertungen festgemacht werden, wird zunehmend Kritik an der Bindung zeitlicher Ressourcen des Unterrichts durch rein technische H?rden und eine Abkehr vom Methodenverst?ndnis hin zur rein technisch-schematischen Umsetzung beschrieben.
W?hrend bei einer Status-Quo-Sondierung der "AG Didaktik der Biometrie" der Biometrischen Gesellschaft im Jahr 1998 der Einbezug von Auswertungs-Software wie SPSS
Material und Methoden
Unterrichtskonzept
Nach einer f?nf Wochen andauernden Intensivvorlesung (4 Stunden pro Woche, Dozent: F. Krummenauer), in welcher von deskriptiven Methoden (Boxplots, Kaplan/Meier-Methode, Relatives Risiko, NNT etc.) bis hin zu multiplen Regressionsmodellen (logistische und Cox-Regression etc.) die g?ngigen statistischen Verfahren der Medizinischen Biometrie auf der Basis von Signifikanztests und Konfidenzintervallen pr?sentiert werden, beginnt ein sich daran anschlie?endes achtw?chiges Praktikum (1 Doppelstunde pro Woche, 7 parallele Gruppen zu je circa 20 - 25 Studierenden). In diesem werden die in der Vorlesung pr?sentierten Inhalte an realen Datens?tzen einge?bt; Ziel einer jeden Doppelstunde ist die Erstellung einer "Synopse" zu Kernergebnissen des aktuellen Datensatzes entlang anleitender Hinweise, welche Arbeitsschritte dazu bedacht werden sollten. Neben der Auswahl sachgerechter Analysemethoden lernen die Studierenden also auch im Rahmen des zeitlich Machbaren die daf?r notwendige Arbeitsmethodik kennen. Die Aufgaben werden von der ersten Doppelstunde an mittels SPSS
Ressourcen
Bei der Intensivvorlesung zu Beginn des Semesters wird Wert darauf gelegt, dass kein Dozentenwechsel stattfindet. Die Vorlesung wird seit dem Sommersemester 2000 durchgehend von einem habilitierten Biometriker abgehalten; ihre Inhalte werden ?ber Anwendungsprojekte vor allem aus der Augenheilkunde motiviert und illustriert, da Studierende des ersten klinischen Semesters bereits einen Augenspiegelkurs absolvieren. Die Studierenden erhalten zu Beginn der Veranstaltung ein kostenloses Skript, in welchem die Pr?sentations-Folien der Vorlesung als Mitschreibehilfe zusammen gestellt sind. Ebenso wird in der ersten Kursstunde ein von einem technischen Assistenten des Instituts erstelltes, eigens auf die Anforderungen im Kurs abgestimmtes Benutzer-Skript zu den wichtigsten Funktionen des SPSS
Teilnehmerbefragung
Im Sommersemester 2002 wurde unter den Studierenden des ersten klinischen Semesters eine Intensivbefragung mit einem zuvor speziell f?r die Belange der Biometrie konzipierten Evaluationsbogen durchgef?hrt. Nach Ende des Praktikums wurde dieser Bogen von den Studierenden in 7 Minuten anonym unter Abwesenheit der Dozenten ausgef?llt, die B?gen wurden von einer Promovendin des IMBEI verwaltet, um die Vertraulichkeit der Studierenden zu sichern. Dabei wurden zum Praktikum insgesamt 26 Items in einer vierwertigen Liekert-Skala erhoben (Abbildung 1 [Abb. 1]), welche die Dimensionen "Kommunikation / Didaktik", "Struktur / roter Faden", "inhaltliche Motivation" sowie "Verkn?pfung von Vorlesung und Praktikum" beleuchten (Tabelle 1 [Tab. 1]). Aus den resultierenden Einzelangaben wurden Scores gemittelt, welche die obigen Dimensionen in einen Wertebereiche zwischen 1.0 (bestm?gliche Bewertung aller Items) bis 4.0 (schlechtestm?gliche Bewertung) abbilden. Ferner wurden f?r Vorlesung und Praktikum jeweils Globalnoten mit Schulnoten-Interpretation (Wertebereich 1 bis 6) f?r den "Lerneffekt" und das "Verst?ndnis" in Vorlesung bzw. Praktikum erhoben; abschlie?end wurde ein ausreichender Raum f?r Freitextkommentare zu Dozenten, Veranstaltungen und Skripten vorgegeben. Neben den 26 Items waren im Fragebogen ferner zwei speziell den Einbezug des SPSS
Der verwendete Bogen ist eine Erweiterung des am Fachbereich Medizin der Universit?t Mainz im Rahmen des Projektes "Evaluation der Lehre" entwickelten Instruments, welches seit dem Wintersemester 2000/01 jedes Semester zur internen Qualit?tskontrolle eingesetzt wird. Seit dem Sommersemester 2001 ist der Bogen psychometrisch evaluiert mit einer internen Konsistenz von 92% (Guttman's lambda, Sommersemester 2001) bzw. 93% (Wintersemester 2001/02).
Auswertung
Die studentischen Angaben wurden mittels einer SPSS
Ergebnisse
Es konnten die Erhebungsb?gen von 147 Studierenden ausgewertet werden (R?cklauf 92%). Dabei stuften 24% der Befragten das "Verst?ndnis" im Praktikum mit gut / sehr gut ein, 72% das Verst?ndnis in der Vorlesung; 14% stuften den "Lerneffekt" im Praktikum mit gut / sehr gut ein, 70% den in der Vorlesung.
Tabelle 2 [Tab. 2] zeigt die Antwortverteilung der zentralen Einzelangaben, wobei die positiven Bewertungen "trifft genau / ziemlich zu" zusammengefasst wurden; diese Angaben sind aus Gr?nden der Vertraulichkeit gegen?ber den Mitarbeitern des Instituts f?r Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik nicht nach Praktikumsdozenten stratifiziert. Es f?llt auf, dass den Lehrenden durchweg eine gute Kommunikation und Interaktion mit den Studierenden attestiert wird, wie es sich vor allem in den entsprechenden Items der Aspekte "Kommunikation / Didaktik" und "Struktur / Ablauf" wider spiegelt. Die eigentlichen didaktischen F?higkeiten und vor allem das Potential zur fachlichen Motivation des zu vermittelnden Stoffes werden jedoch mit Anteilen positiver Bewertungen zwischen 14% ("Dozent motiviert f?r sein Fachgebiet") und 52% ("besseres Verstehen von Statistik in medizinischen Fachzeitschriften") merklich kritischer kommentiert.
Werden alle 7 Praktikumsgruppen gepoolt entlang der den Einzelangaben ?bergeordneten Aspekte ausgewertet (Abbildung 2 [Abb. 2]), so ergibt sich aus den Praktikums-Bezogenen Items f?r die Dimension "Kommunikation" ein medianer Score von 1.51 (Interquartilspanne 1.25 - 2.00), f?r die "Struktur" ein medianer Score von 2.27 (2.03 - 2.78), f?r die "Verkn?pfung von Vorlesung und Praktikum" einer von 2.37 (2.05 - 2.65) und f?r die "inhaltliche Motivation" von 2.82 (2.34 - 2.97). Zwischen den 7 Kursleitern zeigt sich lediglich bei der Dimension "Struktur" ein signifikanter Unterschied (Kruskal / Wallis p < 0.001) vor allem zu Ungunsten eines der Dozenten mit einer mathematischen Ausbildung.
Speziell bei der Dimension "inhaltliche Motivation" liegen jedoch alle Kursleiter-spezifischen Mediane oberhalb der Skalenmitte 2.50 (Kruskal / Wallis p = 0.218), sodass hier von keiner nennenswerten Abh?ngigkeit der bei den Studierenden geweckten inhaltlichen Motivation vom Kursleiter ausgegangen werden kann. Werden die zu diesen vier Dimensionen geh?rigen Scores im Rahmen einer logistischen Regression den Endpunkten "Lerneffekt gut / sehr gut" sowie "Verst?ndnis gut / sehr gut" des Praktikums gegen?bergestellt, so ergibt sich nach Korrektur f?r Kursleitereffekte eine signifikante Assoziation mit der "inhaltlichen Motivation" nur f?r das Verst?ndnis im Praktikum (Likelihood Ratio p<0.001), nicht aber f?r den Lerneffekt (p=0.241). Die entsprechenden Bewertungen der Vorlesung sind nicht signifikant mit der "inhaltlichen Motivation" assoziiert (p=0.637 f?r das Verst?ndnis und p=0.273 f?r den Lerneffekt).
Der Anteil Studierender, die "gut mit SPSS zurecht gekommen" sind, variiert in den Kursen zwischen 43% und 88% (gepoolter Anteil 58%). Hierbei zeigt sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern (Fisher p=0.205); konkret berichten 62% der weiblichen Studierenden gegen?ber 55% der m?nnlichen Studierenden ein "gutes Zurechtkommen mit SPSS".
Unter den Studierenden, welche nach eigener Angabe "gut mit SPSS zurecht gekommen sind", berichten jedoch nur 30% ein gutes / sehr gutes Verst?ndnis des Praktikumsstoffes, 15% einen guten / sehr guten Lerneffekt im Praktikum. Unter den Studierenden, die nach eigener Angabe "nicht gut mit SPSS zurecht gekommen" sind, betragen diese Anteile jeweils 13%. Unter den Studierenden, die "gut mit SPSS zurecht gekommen" sind, attestieren ferner 70% der Vorlesung eine gute / sehr gute Verst?ndlichkeit sowie 73% einen guten / sehr guten Lerneffekt; unter den anderen Studierenden betragen diese Anteile jeweils 66%. Nur f?r die Dimension "inhaltliche Motivation" zeigt sich beim Vergleich dieser beiden Gruppen Studierender ein signifikanter Unterschied (mediane Scores 2.49 versus 3.08, Likelihood Ratio p<0.001 nach Korrektur f?r Kursleitereffekte). Abbildung 3 [Abb. 3] zeigt die Verteilungen der Globalscores im Praktikum stratifiziert nach der Akzeptanz des SPSS
Dieser Eindruck festigt sich bei Auswertung der Angabe, ob "durch Einbezug der Auswertungssoftware SPSS das Verst?ndnis der Inhalte verst?rkt" wurde: Lediglich 14% der Befragten geben hier eine in der Tendenz positive Antwort, keiner der Scores ist mit dieser Einsch?tzung lokal signifikant assoziiert (Likelihood Ratio p-Wert jeweils > 0.10). Die 128 Studierenden, welche dem Einbezug des SPSS keinen nennenswerten Verst?ndnisgewinn attestieren, bewerten ihrerseits ferner das Verst?ndnis im Praktikum nur zu 26% mit gut / sehr gut, w?hrend der Vorlesung zu 68% ein gutes / sehr gutes Verst?ndnis attestiert wird. F?r den Lerneffekt von Praktikum und Vorlesung zeigen sich mit 11% und 70% die gleichen Tendenzen in sogar noch deutlicherer Form.
Diskussion
Auf der Basis einer studentischen Bewertung sollte f?r den derzeit an vielen Standorten umgesetzten Einbezug einer Auswertungssoftware (im vorliegenden Falle SPSS
Bedenklich erscheint auch die Tatsache, dass das Praktikum, obwohl f?r wesentlich mehr Software-Basierte Eigeninitiative der Studierenden konzipiert, merklich schlechter bewertet wird als eine konventionell pr?sentierte Vorlesung. Verst?ndnis und Lerneffekt scheinen also ebenfalls nur graduell durch den in Mainz praktizierten Einbezug von SPSS
Vielmehr zeigen die zumindest moderate technische Akzeptanz des SPSS
F?r die Auswahl solcher real (!) motivierender Projekte haben sich klinische F?cher bew?hrt, deren Grundlagen sehr fr?h im Studium unterrichtet werden. Der Vorlesungsdozent des IMBEI in Mainz greift hier beispielsweise intensiv auf die Augenheilkunde zur?ck: Die Ph?nomenologie und chirurgische Therapie z.B. der senilen Katarakt ist einem Studierenden des ersten klinischen Semesters sehr einfach zu erkl?ren, sodass er sich sofort in die statistisch zu bearbeitende klinische Fragestellung integrieren kann. Auch einfache Projekte aus der Zahnheilkunde sind hier sehr hilfreich: Die meisten Studierenden wissen, wie sich das Verlieren eines dentalen Inlays anf?hlt, versp?ren also ein vitales Interesse an der Frage, welche Dentalzemente die Haltefestigkeit eines Inlay optimieren - und warum sie dieses tun! Auch hier sollte der Dozent der Biometrie nicht stehen bleiben dem Satz "Der neue Zement ist also signifikant besser als der alte.": Er sollte einige Worte zur Begr?ndung liefern, etwa zur Charakterisierung der neuen Zementzusammensetzung, welche ja die eigentliche Studie motiviert hat. Am besten erfolgt diese Motivation sogar vor Auswertung der klinischen Daten zum neuen und alten Zement, sodass die Biometrie und Statistik von klinischer Motivation und Folgerung eingeh?llt werden - letztlich hat die Umh?llung bitterer Medizin mit Schokolade seinerzeit auch zur Erfindung der Praline gef?hrt. Eine sachkompetente klinische Ummantelung der zu vermittelnden biometrischen Inhalte erfordert jedoch eine gewisse Mindestfachkenntnis von Seiten des Biometrikers, die im Vorfeld problemlos im Gespr?ch mit Klinikern zu den f?r das Praktikum intendierten Projekten gewonnen werden kann. Nach Erfahrung des Vorlesungsdozenten sind Ansprechpartner der klinischen wie auch der theoretischen Medizin sehr an einer guten und motivierenden biometrischen Ausbildung des medizinischen Nachwuchses interessiert, und investieren daf?r nur zu gerne Zeit und Energie bei der Auswahl guter Datens?tze und dem klinischen "briefing" des diese verwendenden Biometrikers. Letzterer muss sich dieser Aufgabe jedoch auch stellen, was sowohl Zeit als auch Engagement erfordert - diese Investition scheint sich jedoch angesichts der Bewertung der Vorlesung "Medizinische Biometrie" am IMBEI durchaus zu lohnen und wird derzeit auch von Praktikumsdozenten des IMBEI zunehmend ernst genommen. Speziell die anstehende Umsetzung der Medizinischen Biometrie als Querschnittsfach bietet hier enorme Chancen, da in diesen Querschnittsf?chern eben die interdisziplin?re Zusammenarbeit im Unterricht gef?rdert wird. Bei rechtzeitiger ?ffnung im oben beschriebenen Sinne stellen also die nun anstehenden ?nderungen im Unterricht der Medizinischen Biometrie eine wirkliche Chance zur Akzeptanzsteigerung dieses Faches dar!
Auch wenn bereits Daten-Basierte Empfehlungen zum Einbezug von Software und elektronischen Lern- / Lehrmedien in den Biometrieunterricht existieren ([3], [4]), scheint das Akzeptanzproblem der Biometrie also durch einen Software-Einbezug alleine also nicht wirklich l?sbar zu sein. Der den Stoff und das Praktikum pr?sentierende Dozent hat gerade in der Medizinischen Biometrie eine nach wie vor zentrale Rolle, da m?glicherweise doch nur er im pers?nlichen Kontakt den Fachbezug und damit auch eine hinreichende Motivation sichern kann (entgegen dem oben berichteten nicht signifikanten Ergebnis bei Vergleich des "Motivations-Scores" zwischen den Kursleitern!): Im Sommersemester 2002 wurde au?er der beschriebenen Erhebung im Praktikum auch schon in der Mitte des Semesters mit dem gleichen Fragebogen eine Erhebung in der letzten Vorlesungsstunde durchgef?hrt. Betrachtet man hier die Verteilungen der Scores zu den Aspekten "Motivation" und "Struktur", so ergeben sich mit Medianen von 1.44 (Interquartilabstand 1.10 - 2.01) bzw. 1.22 (1.15 - 1.80) zumindest beim Aspekt "Motivation" unerwartet positive Bewertungen. Es ist nicht verwunderlich, dass eine im wesentlichen frontal abgehaltene Vorlesung leichter eine gute Bewertung ihrer Struktur erreichen kann als ein stark interaktiv konzipiertes Praktikum. Dass jedoch bei einer Vorlesung, die im Vergleich zum Praktikum trotz der zahlreichen pr?sentierten und auch in Diskussion mit den H?rern erarbeiteten Anwendungsbeispielen ein "Trockenschwimmen" darstellt, eine so merklich h?here fachliche und inhaltliche Motivation resultiert, ist zumindest unerwartet (siehe oben zu einer m?glichen Motivation). Da der Vorlesungsdozent im Sommersemester 2002 keinen Praktikumskurs betreut hat, ist leider im vorliegenden Studiendesign keine intraindividuelle Korrektur f?r dessen didaktische und pers?nliche Akzeptanz bei den Studierenden m?glich. Werden jedoch solche Faktoren als Erkl?rung der obigen Diskrepanz zwischen Vorlesung und Praktikum ausgeschlossen (der Kruskal/Wallis-Test zeigt keinen signifikanten Kursleitereffekt im "Motivations-Score"!), m?ssen Kurs-Spezifika als Ursache diskutiert werden. Auch hier scheint der Kursleiter als eigene Dimension ein nur begrenzt viel versprechender Ansatzpunkt zu sein, da einerseits alle oben beschriebenen multiplen Regressionen an Kursleitereffekte adjustiert waren, andererseits auch selbst zwei parallele Kurse einer Dozentin mit Medianen von 2.68 und 3.03 erkennbar unterschiedliche Bewertungen zur fachlichen Motivation ge?u?ert haben. Da ?blicherweise auch gerade in der Humanmedizin Veranstaltungen mit aktivem Einbezug der Studierenden merklich besser bewertet werden als frontal abgehaltene Wissensvermittlungen, muss obige Diskrepanz also eher auf strukturelle Unterschiede zwischen Kurs und Vorlesung zur?ck gef?hrt werden. Hier ist der Software-Einbezug eine nahe liegende Erkl?rung, der eigene Probleme technischer Art mit sich bringt, aber wie oben demonstriert, keinen eigenen Verst?ndnisgewinn. Welche dieser spekulativen Erkl?rungsans?tze letztendlich wirklich die Ursache(n) der negativeren Bewertung treffen, kann aus den vorliegenden Daten kaum abgeleitet werden. In jedem Fall sehen die Autoren in den erhaltenen studentischen Kommentaren eine Warnung, dass der Einbezug einer Software zumindest der beschriebenen Art die Akzeptanz-Probleme des Faches Medizinische Biometrie kaum wird l?sen k?nnen.
Kritisch zu sehen ist bei der vorliegenden Evaluation jedoch, dass diese den Aspekt der Software nur indirekt abbildet (die Intention der Erhebung im Rahmen einer Dissertation zum Themenbereich "interventionelles Prozessmanagement" war eine andere), und vor allem hier auch keine wirkliche "Lernsoftware" betrachtet wurde. Weder das Hilfe-System von SPSS
Ein weiterer nahe liegender Schwachpunkt der hier beschriebenen Erhebung ist deren zwangsl?ufig einarmiges Design: Um wirklich Effekte des Software-Einbezugs im Sinne einer "p?dagogischen Intervention" messen zu k?nnen, w?re eine randomisierte Kontrollgruppe von Studierenden einzubeziehen, welche unter gleichen Voraussetzungen nach der Vorlesung ein Praktikum ohne Software-Einbezug absolvieren muss. Diese Aufteilung eines Semesters ist jedoch alleine schon aus dem rechtlichen Blickwinkel eines Studiendekans kaum denkbar und auch organisatorisch indiskutabel. Eine leichte Tendenz dieses Vergleiches "mit und ohne Software-Einbezug" l?sst sich jedoch durch den Vergleich der Befragung nach Ende des Praktikums ("mit Software") mit der vorherigen nach Ende der Vorlesung ("ohne") ableiten, welche eindeutig zu Ungunsten der Software ausgefallen ist. Werden die Benotungen von Verst?ndnis und Lerneffekt der Vorlesung zu diesen beiden Zeitpunkten verglichen, so zeigt sich, dass sich beide Vorlesungs-Benotungen sogar noch in der zweiten Befragung nach Praktikumsende signifikant verbessert haben.
Abschlie?end sollte die Eignung der hier betrachteten Endpunkte kritisch hinterfragt werden: Diese bilden in erster Linie die Zufriedenheit und nicht den wirklichen (Lern-) Erfolg eines Praktikums ab (entsprechend der Erfassung der Patientenzufriedenheit mit einer Therapie statt der Frage nach erfolgreicher Heilung durch dieselbe). Es kann nur gemutma?t werden, wie weit die oben beschriebenen Benotungen von Verst?ndnis und Lerneffekt wirklich den Effekt der "Intervention" Software-Einbezug auf Verst?ndnis und Lerneffekt widerspiegeln. Auch hier zeigt sich nur ein indirekter Hinweis auf die Berechtigung der obigen Folgerungen durch Vergleich der Befragung nach Vorlesungsende mit der nach Praktikumsende: In beiden Befragungen wurden mit der Motivation einer Prozesskontrolle zus?tzliche Angaben zum eigenen Leistungsstand erhoben wie "Ich kann nun Aussagen wie << das relative Risiko ist statistisch signifikant (p=0.021) um 24% erh?ht >> in Fachzeitschriften sachgerecht interpretieren". In der Befragung zu Ende der Vorlesung wurde dies von 76% der Befragten positiv beantwortet, nach Ende des Praktikums nur noch von 52%! Ob diese ?nderung, die sich auch in drei weiteren ?hnlichen Fragen in vergleichbarer Tendenz abzeichnet, eher auf einen Gewinn an Einsicht zur eigenen Unkenntnis oder - weniger philosophisch - auf einen kontraproduktiven Effekt des Software-Einbezugs und seiner technischen H?rden zur?ck gef?hrt werden muss, kann hier kaum sachgerecht beantwortet werden.
F?r derzeit im Bereich des "electronic learning" engagierte Arbeitsgruppen sollte aber aus den gemachten Beobachtungen in jedem Fall die Empfehlung abgeleitet werden, den Blickwinkel des Anwenders so fr?h und konstruktiv wie m?glich einzubinden - wie im Marketing entscheidet auch hier der Kunde, welches Angebot er langfristig annehmen wird, und nicht der Anbieter.
Anmerkung
Kernergebnisse dieser Arbeit entstammen der Dissertationsschrift von Frau Dr. med. dent. Ulrike Weiler (eingereicht zur Promotion zum Dr. med. dent. am Fachbereich Medizin der Johannes Gutenberg-Universit?t Mainz) und wurden als Vortrag pr?sentiert im Rahmen der 48. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft f?r Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (GMDS, September 2003 in M?nster).
Literatur
[1] Hans A. Entwicklung, Einf?hrung und Perspektiven eines Beurteilungssystems f?r Lehrleistungen am Fachbereich Medizin der Johannes Gutenberg-Universit?t Mainz. Dissertation am Fachbereich Medizin der Universit?t Mainz. Mainz: Universit?t Mainz, Fachbereich Medizin; 2001.[2] Weiler U. Qualit?tsmanagement durch Prozessevaluation in der Ausbildung von Studierenden der Medizin am Beispiel des Faches "Medizinische Biometrie". Dissertation am Fachbereich Medizin der Universit?t Mainz. Mainz: Universit?t Mainz, Fachbereich Medizin; 2002.
[3] Krummenauer F. Software im Biometrie-Unterricht. Med Ausbild. 1998;15:83-87.
[4] Krummenauer F, Hommel G, Michaelis J. Unterst?tzung des Biomathematik-Unterrichts mit SAS: Ein Erfahrungsbericht. Inform Biom Epidemiol Med Biol. 1998;29:153-164.