[Does learning by doing improve teaching in Medical Sociology?]
Katja G?tz 1Karin Tritt 2
Peter Leiberich 2
Claas Lahmann 2
Thomas Loew 2
1 Einheit Medizinische Soziologie, Universit?t Regensburg, Regensburg, Deutschland
2 Schwerpunkt Psychosomatik, Klinik f?r Innere Medizin II, Klinikum der Universit?t Regensburg, Regensburg, Deutschland
Abstract
Medical sociology is in Germany a part of the medical curriculum. Usually medical sociology lessons include general lectures and fields of medical practice. Furthermore teaching is completed with more practically oriented seminars and courses. In addition, the courses are evaluated. At the end of the courses 335 students had to fill out standardized questionnaires. The questionnaires cover different aspects of the course. A statistical analysis presented here, shows the results of the evaluation. Generally a positive trend could be found from winter (2004/ 2005) to summer term (2005). Especially the goal to follow more practically oriented teaching in medical sociology was realised.
Keywords
Medical sociology, courses, Evaluation
Einleitung und Fragestellung
Die Struktur des Fachs "Medizinische Soziologie" als Bestandteil des vorklinischen Studiums hat sich im Kontext der Neuorientierung der medizinischen Ausbildung gewandelt. Im Zuge der grundlegenden Reformierung dieser Ausbildung, ausgel?st durch die Einf?hrung der neuen ?rztlichen Approbationsordnung im Jahr 2003, wurde die Stellung der F?cher Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie aufgewertet. Vor allem die Vermittlung anwendungsbezogenen Wissens r?ckt in den Mittelpunkt der an der medizinischen Ausbildung beteiligten F?cher. Der Erwerb und die Vermittlung psychosozialer Kenntnisse und F?higkeiten beinhaltet nunmehr die verpflichtende Teilnahme der Medizinstundenten an einem Seminar und einem Kurs in den F?chern Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie.
Die medizinsoziologischen Veranstaltungen werden vom 1. bis zum 3. Fachsemester abgehalten. Das Fach Medizinische Soziologie deckt seit jeher das Berufsfelderkundungspraktikum ab, das im 1. und 2. Fachsemester, aufgegliedert in jeweils 6 Gruppen, stattfindet. Bereits in diesem Praktikum wird der praktische Bezug sichtbar. So wird u.a. mit den Studierenden eine halbt?gige Exkursion in einem ?rztlichen T?tigkeitsbereich, z.B. Gesundheitsamt, P?diatrie, Arbeitsmedizin, Gerichtsmedizin oder Psychiatrie, durchgef?hrt, die von den jeweiligen Fachvertreter geleitet wird. Mit der Einf?hrung der neuen ?rztlichen Approbationsordnung gewinnt das Fach "Medizinische Soziologie" durch das zus?tzliche Lehrangebot von Seminar und Kurs an weiterer praktischer Relevanz. Diese Veranstaltungen erstrecken sich ?ber das 2. und 3. Fachsemester.
Im vorliegenden Aufsatz werden nun die Ergebnisse der Evaluation des Kurses im Fach "Medizinische Soziologie" vorgestellt. Aufgrund der Pensionierung des zust?ndigen Lehrstuhlinhabers und personellen Ver?nderungen konnte erst zu Beginn des Wintersemesters 2004/ 2005 die neue ?rztliche Approbationsordnung umgesetzt werden. Dieses Semester z?hlte zu unserem ?bergangssemester, in dem sowohl das Seminar als auch der Kurs f?r alle Medizinstudenten des 3. vorklinischen Semesters angeboten wurde. In Diskussionen mit Fachschaftsvertretern und der Durchsicht der Stundenpl?ne hat sich schlie?lich herausgestellt, dass es besser ist im Sommersemester den Kurs und im Wintersemester das Seminar anzubieten. Folglich fand also der Kurs bereits zweimal, im WS 2004/ 2005 und im SS 2005, statt und bietet daher die M?glichkeit eines Vergleichs.
Der Kurs wird als Block an drei Nachmittagen bzw. Vormittagen einmal die Woche angeboten und steht unter dem gro?en Thema "Kommunikation in der Arzt-Patienten-Beziehung". Die Stoffvermittlung basiert auf Gruppenarbeit, -diskussionen und Kurzreferaten der Studenten. Ein sehr wichtiges Ziel des Kurses besteht in der Vermittlung sozialer und kommunikativer Kompetenzen und sogenannte Basiskompetenzen als Grundlage f?r die medizinischen F?cher. Die inhaltliche Gestaltung umfasst 3 gro?e Bereiche:
1) das Aufzeigen der allgemeinen Grundlagen der Kommunikation in der Arzt-Patienten-Beziehung,
2) der Einfluss moderner Kommunikationsm?glichkeiten auf die Begegnung zwischen Arzt und Patient und schlie?lich
3) die Auseinandersetzung des Arztes mit dem sozialen Status seiner Patienten.
Der Kurs schlie?t mit einer Klausur am Ende des Semesters ab.
Ziel ist es einerseits darzustellen, das mit Hilfe der Evaluation von Lehrveranstaltungen bestimmte Qualit?tskriterien abgefragt werden k?nnen und andererseits soll damit die Lehre im Fach "Medizinische Soziologie" hier an der Universit?t Regensburg nach au?en transparent gemacht werden.
Material und Methode
Die Studierenden wurden aufgrund ihrer Anatomienummer einem Kurs zugeteilt. Im WS 2004/ 2005 gab es insgesamt 8 Kurse und im SS 2005 9 Kurse. Die Studierenden im WS waren im 3. vorklinischen Semester und die Studierenden im SS im 2. vorklinischen Semester. Die Evaluation wurde von der Medizinischen Soziologie der Universit?t Regensburg selbst durchgef?hrt.
Die Stichprobe
?ber die zwei Semester betrachtet nahmen insgesamt 335 Studierende am Kurs und damit auch an der Evaluation teil. Im WS 2004/ 2005 lag die Teilnehmerzahl bei 147, davon waren 55,8% weiblich und 42,2 % m?nnlich, 2,0 % haben sich der Angabe enthalten. Im SS 2005 nahmen 188 Studierende, davon 57,4 % weiblich, 41,5 % m?nnlich und 1,1 % ohne Nennung, am Kurs teil. Das Durchschnittsalter bei den Semestern lag insgesamt bei MW= 21,04 (SD= 4,7) Jahren, wobei die Studenten mit MW= 21,06 (SD= 4,06) Jahren im geringem Ma?e j?nger waren als die Studentinnen mit MW= 21,34 (SD= 4,46) Jahren. Die Alterspanne der Befragten reicht von 19 bis 45 Jahren.
Der standardisierte Fragebogen
Mit dem Fragebogen werden zentrale Aspekte der Lehre allgemein (Strukturierung der Lehrinhalte, Verst?ndlichkeit der Lehre oder Lehrf?higkeit der Dozenten) und der Bezug zur Praxis im Speziellen evaluiert.
Da m?ndliche Befragungen bei Lehrevaluationen wenig aussagekr?ftig sind, kommt ein standardisierter Fragebogen zum Einsatz. In dem vorliegenden Aufsatz wurde mit einem Fragebogen gearbeitet, der aus 15 Items (geschlossene Fragen) und 4 offenen Fragen besteht. Die Antwortm?glichkeit innerhalb der jeweiligen Items basiert auf einer Vierpunkteskala. Die Auspr?gung reicht von 1 "trifft zu" bis 4 "trifft nicht zu". Es wurde deshalb eine gerade Anzahl an Antwortm?glichkeiten gew?hlt, um die Schwierigkeit der Entscheidung zu entgehen. Eine ungerade Anzahl verleitet geradewegs dazu h?ufig die mittlere Auspr?gung anzukreuzen. Die offenen Fragen bieten einerseits die M?glichkeit explizite Kritik am Kurs selbst oder an der Lehrperson zu ?u?ern und andererseits um Anregungen oder Verbesserungsvorschl?ge f?r zuk?nftige Veranstaltungen zu bekommen.
Der Fragebogen wurde im Anschluss an die Veranstaltung ausgeteilt (siehe Tab. 1 [Tab. 1]).
Statistik
Da die medizinische Ausbildung vor allem auf die Vermittlung anwendungsbezogenen Wissens einen gro?en Wert legt, werden Item 4 und Item 9, der allgemeinen Ergebnisdarstellung vorangestellt, gesondert betrachtet. Mit Hilfe der Faktoranalyse wird festgestellt, welche Items zu einem Faktor zusammengefasst werden k?nnen. Au?erdem werden die erhobenen Kriterien auf ihre Reliabilit?t hin kontrolliert. Weiterhin wird gepr?ft, ob die Semester in den Verteilungen der abgegebenen Urteile innerhalb der einzelnen Items differieren. Da es sich um keine Normalverteilung handelt, wurde der U-Test nach Mann und Whitney ausgew?hlt, der auf einer gemeinsamen Rangreihe der Werte beider Stichproben basiert und einen Vergleich mit einbezieht [1]. Dieser Test soll zeigen, dass sich die Semester in den Beurteilungen unterscheiden. Die statistischen Berechnungen wurden mit dem Statistikprogrammpaket SPSS 12.0 durchgef?hrt.
Ergebnisse
Das Item 4 (MW= 1,79; SD= 0,810) zeigt, ob der Kurs den TeilnehmerInnen den Einblick in die medizinsoziologischen Fragestellungen gew?hrleistete (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).
Au?erdem wird mit dem Item 9 (MW= 2,01; SD= 0,902) abgefragt, inwiefern es zutrifft, dass die Zusammenh?nge zwischen den Kursinhalten und der sp?teren Berufaus?bung dargestellt wurden. Die Medizinstudenten haben bereits eine gewisse Vorstellung dar?ber, wie ihr beruflicher Alltag aussehen wird (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]).
Die Berechnung durch die Hauptkomponentenanalyse mit Varimaxrotation (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]) l?sst auf 4 Faktoren schlie?en, die zusammengefasst die Evaluationsergebnisse erkl?ren. Allerdings werden 2 Items aus dem Fragebogen in dieser Analyse ausgeklammert, aufgrund der geringen Ladungen die sie aufweisen. Dies betrifft zum einen das Item 7 (Der Stoff wurde durch Beispiele gut verdeutlicht.) und zum anderen das Item 15 (Ich habe mich meist gelangweilt.).
Die Bedeutung der internen Konsistenz des Erhebungsinstruments ergibt einen Reliabilit?tskoeffizienten (Cronbach's Alpha) von 0,701 f?r die gesamte Stichprobe. Nach einer Reliabilit?tsanalyse ?ber die 4 aus der Faktoranalyse entstandenen Faktoren zeigen die Ergebnisse in Tabelle 3 [Tab. 3]. Der Faktor "?bersichtlichkeit" wies nach der Analyse keine interne Konsistenz auf, im Gegensatz zu den Faktoren "Praxis-/ Forschungsbezug und Arbeitsatmosph?re" und "F?higkeit zur Lehre" mit hoher Reliabilit?t und dem Faktor "Schwierigkeitsgrad/ Arbeitsbelastung" mit einer mittleren Reliabilit?t.
Aufgrund der Tatsache, dass bei den Stichproben (WS 2004/ 2005 und SS 2005) nach dem Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest eine signifikante Abweichung von der Normalverteilung bei p≤ 0,05 besteht, wird der nichtparametrische U-Test nach Mann und Whitney verwendet. Der durchgef?hrte Rangtest (siehe Tabelle 4 [Tab. 4]) bei den Stichproben verweist darauf, dass die Studierenden die Veranstaltung gr??tenteils heterogen beurteilen.
Der Vergleich der beiden Stichproben mit Hilfe des Rangtests (siehe Tabelle 4 [Tab. 4]) zeigt, dass einige Items sich nicht hinsichtlich der evaluierten Semester (WS 2004/ 2005 und SS 2005) unterscheiden. So weisen die Items 1, 10, 11 und 12 Homogenit?t in den studentischen Beurteilungen auf. Dadurch wird deutlich, dass die Lehrbef?higung der Lehrpersonen ?ber die Semester konstant beurteilt wird. Andere Aspekte, wie der Praxis- und Forschungsbezug oder der Schwierigkeitsgrad haben sich hinsichtlich ihrer Beurteilung positiv ge?ndert
Bereits eine einfache Mittelwertdarstellung (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]) der abgefragten Items pro Semester verdeutlicht die im Gesamten positiveren Beurteilungen.
Diskussion und Schlussfolgerung
Der Kurs der Medizinischen Soziologie an der Universit?t Regensburg wurde bisher im Wintersemester 2004/ 2005 und im Sommersemester 2005 durchgef?hrt und evaluiert. Im Gesamten zeigen die Ergebnisse eine durchweg positivere Beurteilung des Sommersemesters gegen?ber dem Wintersemester auf. Sowohl der Mittelerwertvergleich in Abbildung 3 [Abb. 3] als auch der U-Test nach Mann und Whitney (siehe Tabelle 4 [Tab. 4]) verweisen auf diese Resultate. Bei der Konzeption der Kursinhalte f?r das Sommersemester wurden nach Kenntnisnahme der Evaluationsergebnisse vom vorherigen Semester darauf geachtet, den Kurs noch praxisorientierter zu gestalten. Besonders die Items 4 und 9 (vgl. Abbildung 1 und 2 [Abb. 1] [Abb. 2]) verdeutlichen die gelungene Umsetzung. Die Einf?hrung neuen ?rztlichen Approbationsordnung hat nicht nur Konsequenzen f?r die an der Lehre beteiligten Personen, sondern auch f?r die an der medizinischen Ausbildung beteiligten F?cher und insbesondere f?r die Studierenden des Fachs Medizin selbst [2]. Neben dem bisherigen Angebot m?ssen zus?tzlich Seminare, Kurse oder Praktika absolvierte werden. Die neue Ordnung zielt vor allem auf die praxisnahe Gestaltung der Lehre, demzufolge m?ssen auch die an der vorklinischen Ausbildung beteiligten F?cher umdenken. Bisher war dieser Ausbildungsabschnitt gepr?gt von der theoretischen Vermittlung von Wissen f?r die sp?tere Berufsaus?bung. Damit standen vor allem die psychosozialen F?cher - Medizinische Soziologie und Medizinische Psychologie - vor dem grunds?tzlichen Problem ihrer Akzeptanz durch die Studierenden. Das Ziel bereits im vorklinischen Abschnitt st?rker den klinischen Bezug sichtbar zu machen [3], hebt vor allem f?r die zuk?nftige Berufsaus?bung die Bedeutung der psychosozialen F?cher.
Inwiefern die Studierenden die Relevanz dieser F?cher einsch?tzen und wie die Vermittlung von Theorie und Praxis sich gestaltet, kann mit Evaluationen verdeutlicht werden. Die Reliabilit?tsanalyse zeigt (siehe Tabelle 3 [Tab. 3]) die Zuverl?ssigkeit dieses Instruments. Die Qualit?t der Lehre wird damit messbar. Von verschiedenen Autoren besteht die Forderung nach einer brauchbaren und einheitlichen Qualit?tsberichterstattung von Lehrveranstaltungen und -personal, dieser sollten die jeweiligen Hochschulen gerecht werden [2], [4].
Insgesamt wird mit der Evaluation eine verl?ssliche Einsch?tzung bez?glich der Qualit?t der Unterrichtsbem?hungen einerseits gegeben und andererseits bietet sich dadurch die M?glichkeit an, vorgeschlagene Verbesserungen - strukturell oder inhaltlich - vorzunehmen.
Literatur
[1] B?hl A, Z?fel P. SPSS f?r Windows Version 7.5. Praxisorientierte Einf?hrung in die moderne Datenanalyse. 4., ?berarbeitet und erweiterte Auflage. Bonn: Addison-Wesley-Longman; 1998.[2] Br?hler E. Vergleichende Lehrevaluation der psychosozialen F?cher an der Medizinischen Fakult?t Leipzig. In: St??el U, v. Troschke J. Innovative Ans?tze zur Lehre in den psychosozialen F?chern der ?rztlichen Ausbildung. Freiburg: Deutsche Koordinierungsstelle f?r Gesundheitswissenschaften; 2002. S. 156-164.
[3] St??el U, v. Troschke J. Die novellierte Approbationsordnung f?r ?rzte (AO?) in ihrer Bedeutung f?r die psychosozialen F?cher in der ?rztlichen Ausbildung in Deutschland. In: St??el U, v Troschke J. Innovative Ans?tze zur Lehre in den psychosozialen F?chern der ?rztlichen Ausbildung. Freiburg: Deutsche Koordinierungsstelle f?r Gesundheitswissenschaften; 2002. S. 185-191.
[4] St??el U. Qualit?t der Lehre in der Medizin: Evaluation als Instrument der Qualit?tssicherung. In: St??el U, v. Troschke J. Innovative Ans?tze zur Lehre in den psychosozialen F?chern der ?rztlichen Ausbildung. Freiburg: Deutsche Koordinierungsstelle f?r Gesundheitswissenschaften; 2002. S. 43-50.