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Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

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Projekt
Humanmedizin

[The granting of the venia legendi (the appointment as a Privatdozent) in medicine]

 Peter Dieter 1

1 Studiendekan Medizin, Medizinische Fakult?t Carl Gustav Carus, TU Dresden, Dresden, Deutschland




Erfahrungsbericht

Vor dem Hintergrund langj?hrig diskutierter Defizite in der akademischen Lehre Universit?tsmedizin ist es Ziel dieser Untersuchung, die derzeitigen Bedingungen der medizinischen Fakult?ten bei der Ernennung zum Privatdozenten (Erteilung der venia legendi - Verleihung der Lehrbefugnis) zu erfassen und zu analysieren. Deswegen wurden im Rahmen einer schriftlichen Anfrage im 1. Halbjahr 2005 alle 35 medizinischen Fakult?ten (Dekanate und Studiendekanate) in Deutschland gebeten einen Fragebogen (11 Items, siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) innerhalb von vier Wochen zu beantworten. Der Fragebogen wurde von 29 der 35 angeschriebenen Fakult?ten innerhalb dieser Frist beantwortet (R?cklaufquote 83%). Die Auswertung ergab folgendes Bild (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]):

Abbildung 1: Fragebogen

Abbildung 2: Auswertung des Fragebogens

1. 28 Fakult?ten erteilen die venia legendi nur nach vorangegangener nachgewiesener Lehrleistung.

2. Bei 20 Fakult?ten muss diese Lehrleistung eine bestimmte Mindestzeit geleistet worden sein (zwischen 0.5 und 3 Jahren, Durchschnitt: 2 Jahre), bei 9 Fakult?ten ist keine Mindestzeit erforderlich.

3. Bei 11 Fakult?ten muss eine Mindestanzahl von Lehrstunden nachgewiesen sein (zwischen 15 und 300 Stunden, Durchschnitt: 100 Stunden), bei 18 Fakult?ten ist keine Mindestanzahl von Lehrstunden erforderlich.

4. Bei 18 Fakult?ten m?ssen die Lehrleistungen in bestimmten Unterrichtsformen geleistet worden sein (14 Fakult?ten: (Haupt)Vorlesungen, 8 Fakult?ten: Seminare, 7 Fakult?ten: Praktika, 6 Fakult?ten: Patientenbezogener Unterricht, 3 Fakult?ten: Unterricht im Praktischen Jahr), bei 11 Fakult?ten wird kein Unterrichtsformat vorausgesetzt.

5. Bei 17 Fakult?ten muss (zumindest ein Teil) dieser Lehrleistungen an der eigenen Fakult?t geleistet worden sein, bei 12 Fakult?ten nicht.

6. Von 26 Fakult?ten wird eine weitere Lehrleistung bei der Erteilung der venia legendi gefordert, bei 3 Fakult?ten wird dies bei Erteilung der venia legendi nicht gefordert.

7. Von den 26 Fakult?ten, die eine weitere Lehrleistung fordern, fordern 23 eine unbefristete Lehrleistung (bis zum Ausscheiden des Mitarbeiters).

8. 22 Fakult?ten ?berpr?fen (nur zum Teil regelm??ig) die Lehrleistung, 7 Fakult?ten machen keine ?berpr?fung.

9. 15 der 22 Fakult?ten, die die Lehrleistung ?berpr?fen, sprechen bei Nichterf?llung der Lehrleistung eine Mahnung an den Mitarbeiter aus (durch den Dekan oder Studiendekan), bei 3 Fakult?ten wird im Einzelfall ein Entzug der venia legendi in Betracht gezogen.

10/11. Eine ?hnliche Verfahrensweise (Punkt 8 und 9) gilt f?r die Ernennung zum Apl. Professor.

Fasst man die Ergebnisse dieser Umfrage zusammen, l?sst sich folgendes festhalten:

1. Es bestehen gro?e Unterschieden in den Anforderungen zur Erteilung der venia legendi an deutschen medizinischen Fakult?ten. Allerdings scheinen im Vergleich zu fr?heren Untersuchungen die Anforderungen gestiegen und die Unterschiede kleiner geworden zu sein [1], [2].

2. Ein Gro?teil der deutschen Medizinischen Fakult?ten (80%) hat einen Anforderungskatalog, der bei der Erteilung der venia legendi erf?llt sein muss. In diesem Anforderungskatalog ist (zum Teil) ein Mindestumfang an Lehrleistungen (Zeitraum, Lehrstunden) bzw. bestimmte Unterrichtsformen (Vorlesungen, Seminar, Praktika, Patientenunterricht, Praktisches Jahr) enthalten. Diese Lehrleistungen m?ssen bei einem gro?en Teil der Fakult?ten an der eigenen Fakult?t geleistet worden sein.

3. Von fast allen Fakult?ten wird eine Weiterf?hrung dieser Lehrleistungen bei der Erteilung der venia legendi gefordert. 85% dieser Fakult?ten ?berpr?fen die Einhaltung dieser Forderung, 58% der Fakult?ten sprechen bei Nichteinhaltung der geforderten Lehrleistung eine Mahnung aus bzw. erw?gen im Einzelfall den Entzug des Titels venia legendi.

4. ?hnliche Regelungen gibt es bei den meisten Fakult?ten f?r die Ernennung zum Apl. Professor.

Um eine gr??ere Chancengleichheit f?r Privatdozenten zu erreichen, ist eine Beseitigung der Unterschiede in den Anforderungen der Fakult?ten bei der Verteilung der venia legendi anzustreben. Der Anforderungskatalog sollte quantitativ und qualitativ dem Anforderungskatalog f?r die Erteilung der Habilitation (Nachweis der besonderen Bef?higung f?r Forschung und Lehre in einem bestimmten Fach) entsprechen [3], [4]. Damit w?re ein weiterer wichtiger Schritt geschaffen, um in Deutschland Lehre und Forschung einen gleichen Stellenwert einzur?umen.


Literatur

[1] Weber A, Wacker A, Weltle D, Lehnert G. Stellenwert der Lehre an den deutschen medizinischen Fakult?ten. Dtsch Med Wochenschr. 2000;125(51-52):1560-1564.
[2] Pabst R, Strate J. Gro?e Unterschiede im Verfahren zur Ernennung zum au?erplanm??igen Professor. Verfahren und Kriterien der Forschung und Lehre an deutschen Fakult?ten. Chirurg. 2000;71(1):106-108.
[3] Nagelschmidt M, Bergdolt K, Troidl H. ?berpr?fung der Habilitationsordnungen Medizinischer Fakult?ten an deutschen Hochschulen und Vorschl?gen zur Vereinheitlichung. Chirurg. 1998;69(4):481-489.
[4] von Wichert P. Habilitation in medicine - only pro forma?. Med Klin (Munich). 2000;95(4):233-234.