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GMS Journal for Medical Education__Temp

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

2366-5017__Temp


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Originalarbeit
Humanmedizin

[Logbooks in clinical use - is there a benefit for the students?]

 Bernd Kraus 1
Jana J?nger 2
Markus Schrauth 3
Peter Weyrich 4
Wolfgang Herzog 2
Stephan Zipfel 3
Christoph Nikendei 2

1 Northland District Health Board, Whangarei Base Hospital, Department of Medicine, Whangarei, New Zealand
2 Universit?t Heidelberg, Klinik f?r Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin, Heidelberg, Deutschland
3 Medizinische Universit?tsklinik T?bingen, Abteilung f?r Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, T?bingen, Deutschland
4 Medizinische Universit?tsklinik T?bingen, Abteilung f?r Endokrinologie, Stoffwechselerkrankungen, Vaskul?re Medizin und Nephrologie, T?bingen, Deutschland

Abstract

Main emphasis in terms of clinical practice is put on final year medical education at German universities. Portfolios or logbooks are often used to ensure standards and a structured training. However, only few studies are available that investigated the personal benefit of a logbook for the students. To validate the logbooks’ acceptance, its integrative function and impact on quality of final year students’ medical education, we designed and evaluated a task-based logbook for Internal Medicine at the Heidelberg University Hospital.

By longitudinal analysis of two cohorts (before and after logbook introduction), we were able to show that after logbook introduction, students felt more integrated in ward routine and considered the dedicated training periods by ward doctors to be more sufficient. Furthermore, students stated to have performed more ward rounds and to have written more discharge letters. General satisfaction with their clerkship also increased significantly. However, an additional survey after this training period showed that many of the obligatory clinical tasks were not performed as documented in the logbooks.

We conclude that a task-based logbook is an appropriate tool to enhance communication between students and doctors on ward, facilitating integration on ward by giving the students the chance to claim teaching actively. Although the documentation of clinical tasks in the logbook hasn’t proved to be really effective, we consider this tool as an useful structuring element that enhances students’ satisfaction in practical medical training.


Keywords

final year students, logbooks, internal medicine, medical education

Einleitung

Klinisch-praktische Ausbildung im Medizinstudium

Wenngleich zahlreiche Reformen (wie z.B. Heicumed [15]) versuchen, Medizinstudenten fr?hzeitiger in die klinisch-praktische T?tigkeit zu integrieren, findet diese Integration in Deutschland nach wie vor haupts?chlich im letzten Abschnitt des Medizinstudiums, dem Praktischen Jahr (PJ), statt. Erst in diesem Ausbildungsabschnitt sind die Studenten ganzt?gig in der Krankenversorgung eingesetzt und wenden dort die im Studium erlernten theoretischen Kenntnisse praktisch an. In dieser Phase werden klinisch-praktische Kompetenzen vertieft, in vielen F?llen aber auch zahlreiche praktische Basisqualifikationen erstmals erlernt. Dabei wird zunehmend versucht, den PJ-Studenten mittels Logb?chern oder so genannten Portfolios eine standardisierte und strukturierte Ausbildung zu gew?hrleisten. Allerdings gibt es nur wenige Informationen ?ber deren Wirksamkeit und die Akzeptanz dieser Hilfsmittel.

Logb?cher und Portfolios – eine Begriffsbestimmung

In der Literatur werden die Begriffe Logbuch und Portfolio oft unklar definiert. Dolmans et al. [6] definieren ein Logbuch als systematische Dokumentation der durchgef?hrten ?rztlichen Basisfertigkeiten w?hrend eines Stationseinsatzes mit dem Ziel ?ber diese Strukturma?nahme die pers?nlichen Erfahrungen der Studenten zu verbessern. Auch Dennick [5] verfolgte einen ?hnlichen Ansatz. Die Ausbildung sollte transparenter gemacht werden, indem das Logbuch die Lernziele und die durchzuf?hrenden Basisfertigkeiten vorgibt. Au?erdem enthielt sein Logbuch eine Literaturliste zur Vorbereitung und die Bewertungskriterien f?r die Abschlussbeurteilung durch den Betreuer.

Patil und Lee [11] sahen ihr Logbuch als Abbildung der Aktivit?ten w?hrend des gesamten Unterrichts, einschlie?lich Bedside-Teaching. Hier sollten die Studenten nach jeder Unterrichtseinheit lediglich dokumentieren, was sie gelernt haben.

Hall [7] definiert ein Portfolio als eine Materialsammlung, die Schl?sselerlebnisse und Prozesse w?hrend der Ausbildung dokumentiert und reflektieren l?sst. Diese Definition erm?glicht einen weiten Spielraum, sodass in der ?rztlichen Ausbildung sehr viele unterschiedliche Dinge als Portfolio bezeichnet werden, die von einer Fallbericht-Sammlung ?ber Forschungsprojekt-Berichte bis hin zu Erfahrungsberichten oder Videoanalysen reichen. Auch wenn es scheint, dass die Begriffe Logbuch und Portfolio von Zeit zu Zeit synonym verwendet werden, gibt es eine bedeutsame Abgrenzung: w?hrend ein Logbuch lediglich zur Dokumentation erbrachter Leistungen dient, liegt der Schwerpunkt eines Portfolios in der anschlie?enden Reflexionsm?glichkeit, zum Beispiel durch regelm??iges Einbeziehen von ausbildenden ?rzten in den Lernprozess [4].

Bei der Gestaltung der Logb?cher gibt es im Wesentlichen zwei Herangehensweisen, wobei sich beide hinsichtlich der Dokumentation am Schweizer Lernzielkatalog [1] orientieren:

1. T?tigkeitsbezogene Dokumentation: Die Studenten lassen sich die Durchf?hrung von T?tigkeiten – meist ?rztliche Basisfertigkeiten, beispielsweise die Anlage eines zentralven?sen Katheters – durch die ausbildenden ?rzte best?tigen. Diese T?tigkeiten oder Fertigkeiten werden dabei h?ufig in verschiedenen Kompetenz-Stufen abgebildet:

  1. theoretisches Wissen vorhanden,
  2. pers?nlich zugesehen,
  3. durchgef?hrt unter Anleitung und
  4. alleine durchgef?hrt.

2. Symptom-/Krankheitsorientierte Dokumentation: Diese Logb?cher basieren auf wichtigen Krankheiten oder Symptomen, zum Beispiel "Akutes Koronarsyndrom" oder "Brustschmerz". Meist werden krankheits- oder symptomspezifisch verschiedene Kompetenz-Stufen abgebildet, wie z. B.:

  1. "Ich kenne dieses Krankheitsbild",
  2. "Ich habe einen Patienten mit diesem Krankheitsbild untersucht oder die Anamnese erhoben",
  3. "Ich habe an der Betreuung eines solchen Patienten mitgewirkt oder den Verlauf verfolgt" und
  4. "Ich habe den Patienten selbst versorgt (Aufnahme, Diagnostik, Therapie, Dokumentation, Entlassungsbrief)".

Bisheriger Forschungsstand im Bereich Portfolio / Logb?cher und Fragestellung

Es wird immer wieder auf die Wichtigkeit von Portfolios f?r die Medizinische Ausbildung hingewiesen [2], jedoch liegen nur wenige Arbeiten vor, die sich mit der Wirksamkeit dieser Ausbildungsmethode auseinandersetzten [3]. Auch bei Logb?chern ist die Datenlage eher d?rftig. Raghoebar-Krieger et al. untersuchten, wie gut Logb?cher in einem krankheitsbasierten (siehe oben) Kontext gef?hrt werden und verglichen hierzu Logbuchdaten von ?rzten und Studenten [12]. Patil und Lee evaluierten ausgef?llte Logb?cher im Hinblick darauf, ob die Lernziele der Kurse erf?llt wurden [11]. Remmen et al. untersuchten die didaktische Qualit?t von Stationseins?tzen und bemerkten, dass Logb?cher kaum benutzt werden, insbesondere nicht reflexiv, also in Kommunikation mit den ausbildenden ?rzten [14]. Umso ?berraschender ist es, dass trotz fraglicher Reliabilit?t Logbuchdaten weiterhin zur Beurteilung der Ausbildungsqualit?t herangezogen werden [17].

Mit unserer Studie wollten wir deshalb untersuchen, wie hoch die Akzeptanz von Logb?chern im Praktischen Jahr ist, ob sie eine integrative Funktion im Klinikalltag aus?ben und welchen Einfluss Logb?cher auf die Ausbildungsqualit?t haben.

Methode

Einf?hrung des Logbuchs

In der Medizinischen Universit?tsklinik Heidelberg wurde den PJ-Studenten im Fr?hjahr 2005 zu Beginn des 1. PJ-Tertials ein t?tigkeitsbasiertes Logbuch ausgegeben. Wir haben uns dabei f?r ein t?tigkeitsbasiertes Logbuch entschieden, da der hohe Spezialisierungsgrad unserer Klinik es den Studenten erschwert bis unm?glich macht, alle wichtigen Krankheitsbilder w?hrend ihrer maximal 16-w?chigen Ausbildung zu Gesicht zu bekommen. Au?erdem wollten wir auf Zweckm??igkeit achten und den Aufwand f?r das F?hren des Logbuchs m?glichst gering halten.

Inhalte des Logbuchs

Der erste Teil des 32 Seiten umfassenden Logbuchs beinhaltete allgemeine Informationen zum Tertial Innere Medizin, so z.B. ?ber Arbeitszeiten und Dienstregelungen sowie ?ber angebotene Fortbildungsveranstaltungen.

Im zweiten Teil des Logbuchs fanden sich die hier untersuchten Checklisten zu den T?tigkeiten auf Station. Die Studenten wurden sowohl im Logbuch selbst als auch w?hrend einer Einf?hrungsveranstaltung darauf hingewiesen, dass sie die beschrieben T?tigkeiten auf Station durchf?hren sollten und dass diese vom Stationsarzt zu best?tigen und zu bewerten sind. Die Stations?rzte wurden zuvor in einer Einf?hrungsveranstaltung ?ber Zweck und Umgang mit den Logb?chern informiert, Sanktionen f?r das nicht ordnungsgem?sse F?hren des Logbuchs waren jedoch weder f?r die Stations?rzte noch f?r die PJ-Studenten vorgesehen.

Die verwendeten Checklisten (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) waren in einer Art "Stufenschema" aufgebaut: als Stufe A galt das erkl?rende Vorf?hren der T?tigkeit durch den Stationsarzt, in Stufe B sollte der Stationsarzt die T?tigkeit ?berwachen und bewerten, Stufe C bezeichnete die selbst?ndige Durchf?hrung durch den PJ-Studenten mit anschlie?ender Bewertung durch den ausbildenden Arzt.

Abbildung 1: Beispiel einer abgezeichneten Logbuchseite

Die Bewertung sollte anhand festgelegter und der T?tigkeit angepasster Punkte (bis zu vier: z.B. "Umgang mit dem Patienten", "Vollst?ndigkeit" oder "Erkennen pathologischer Befunde") anhand einem dem miniCEX [8] – einer klinisch-praktischen Kurzpr?fung am Krankenbett ("mini Clinical Examination") – nachempfundenen Beurteilungsskala in Schulnoten erfolgen.

Folgende T?tigkeiten waren als obligatorische Ausbildungsinhalte gekennzeichnet:

  • Anamneseerhebung: 1x zugeschaut und 3x unter Aufsicht durchgef?hrt
  • K?rperliche Untersuchung: 1x zugeschaut und 3x unter Aufsicht durchgef?hrt
  • Planung von Diagnostik und Therapie bei eigenen Patienten: 1x unter Aufsicht und 3x selbst?ndig durchgef?hrt
  • Durchf?hrung einer Visite bei eigenen Patienten: 4x unter Aufsicht durchgef?hrt
  • Erstellen eines Arztbriefes: 4x selbst?ndig durchgef?hrt.

Au?erdem boten wir die bewertete Durchf?hrung folgender optionaler T?tigkeiten an:

  • Bluttransfusion und Bed-Side-Test: 1x zugeschaut und 2x unter Aufsicht durchgef?hrt
  • Arterielle Punktion zur Blutgasanalyse: 1x zugeschaut, 1x unter Aufsicht und 1x selbst?ndig durchgef?hrt
  • Pleura- oder Aszitespunktion: 1x zugeschaut und 2x unter Aufsicht durchgef?hrt
  • Anlage einer Magensonde: 1x zugeschaut und 2x unter Aufsicht durchgef?hrt
  • Anlage eines Blasenkatheters: 1x zugeschaut und 2x unter Aufsicht durchgef?hrt.

Ferner konnten sich die Studenten anhand einer Liste im Logbuch orientieren, welche wichtigen apparativen Untersuchungen an unserer Klinik durchgef?hrt werden. Die freiwillige Hospitation oder das Mitwirken an folgenden Funktionsuntersuchungen konnte im Logbuch bescheinigt werden: ?GD, Koloskopie, ERCP, Koronarangiographie, Belastungs-EKG, Echokardiographie, Abdomensonographie, Duplexsonographie, Bronchoskopie und Spiroergometrie.

Der Evaluationsbogen zur Bewertung des Ausbildungsabschnittes, der bereits vor Einf?hrung des Logbuchs eingesetzt wurde, wurde in das Logbuch integriert, um einen m?glichst hohen R?cklauf zu gew?hrleisten.

In einem Anhang fanden sich ein das PJ betreffender Auszug aus der Studienordnung sowie eine Liste mit wichtigen Telefonnummern der Klinik.

Evaluation

Um die Wirksamkeit der Logb?cher zu messen, f?hrten wir eine Evalaution unter den Studenten des PJ-Tertials Innere Medizin durch. Verglichen wurden die Kollektive vor Einf?hrung des Logbuchs (Kontrollgruppe) mit denen nach Einf?hrung des Logbuchs (Interventionsgruppe).

Zu 9 Fragen wurde die Zustimmung zu einer Aussage mit einer 6-Punkte Likert-Skala erfasst (von "stimme voll zu" bis "stimme ?berhaupt nicht zu").Gefragt wurde unter anderem nach der Integration in den Routinebetrieb, ob die ausbildenden ?rzte genug Zeit hatten und ob die Studenten die Gelegenheit hatten, eigenst?ndig Therapiekonzepte zu entwickeln, selbst?ndig Visiten durchzuf?hren und Entlassbriefe zu schreiben (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Dar?ber hinaus bewerteten die Studenten das komplette PJ-Tertial als Gesamtleistung f?r ihre Ausbildung mit Schulnoten (1 = "sehr gut" bis 6 = "ungen?gend").

Tabelle 1: Zustimmung zu den Aussagen die T?tigkeit auf Station betreffend (1= "stimme voll zu" bis 6 = "stimme ?berhaupt nicht zu")

Zur statistischen Auswertung wurde SPSS f?r Windows in der Version 11.1 verwendet. Zum Vergleich der Kollektive wurde ein T-Test f?r unabh?ngige Stichproben durchgef?hrt und Signifikanz bei p<0,05 angenommen.

Auswertung der Logb?cher mit Nachbefragung

Nach Beendigung ihres Tertials Innere Medizin wurden die Studenten aufgefordert, das Logbuch abzugeben. Wir analysierten, welche obligatorischen und freiwilligen T?tigkeiten der Checklisten durch die Stations?rzte abgezeichnet waren. Studenten der Interventionsgruppe (Logbuch erhalten) wurden anschlie?end per E-Mail angeschrieben und gebeten, folgende Fragen zum Gebrauch des Logbuchs zu beantworten:

Wir wollten wissen, ob diejenigen T?tigkeiten, die im Logbuch von den Stations?rzten als get?tigt abgezeichnet wurden auch tats?chlich durchgef?hrt wurden (insgesamt 7 Fragen, die mit "ja" oder "nein" zu beantworten waren).

Au?erdem baten wir um Beantwortung der folgenden Fragen: "Was war gut am Logbuch?", "Was war schlecht am Logbuch?" und "Was w?rden Sie am Logbuch ?ndern?".

Ergebnisse

Kollektive

Wir verglichen zwei Kollektive von PJ-Studenten, vor und nach Einf?hrung unseres Logbuchs. Die Teilnahme an Evaluation und Nachbefragung per E-mail war freiwillig.

Von 46 vor Einf?hrung des Logbuches befragten PJ-Studenten nahmen 35 an der freiwilligen Evaluation teil (Teilnehmerquote 76,1%). Das Durchschnittalter dieser Gruppe betrug 26,9 Jahre, 16 Studenten waren m?nnlich, 19 weiblich. Die PJ’ler befanden sich in der Regel im 13. Fachsemester.

Nach der Einf?hrung des Logbuchs bis zum Ende des Erhebungszeitraums im Dezember 2005 nahmen 43 von 58 Studenten an der Evaluation teil (74,1%). 25 der 43 Studenten waren m?nnlich, 18 weiblich, Durchschnittalter und Anzahl der Fachsemester unterschieden sich nicht von der Gruppe ohne Logb?cher (genaue Angaben siehe Tabelle 2 [Tab. 2]).

Tabelle 2: Darstellung der untersuchten Kohorten: Kollektiv pr? und post Einf?hrung des Logbuchs

34 der 43 PJ-Studenten beantworteten die E-Mail der Nachbefragung (79,1%).

Der R?cklauf der Logb?cher betrug 100% (58 von 58 Studenten), da die Bescheinigung des Tertials an die R?ckgabe des Logbuchs gebunden war. Zur Vergleichbarkeit der Daten wurden jedoch nur die Logb?cher der 43 Studenten ber?cksichtigt, die auch die Evaluation vollst?ndig ausgef?llt haben.

1. Ergebnis von Logbuchauswertung bez?glich der erbrachten Leistungen auf Station

Die meisten als obligatorisch benannten T?tigkeiten wurden den PJ-Studenten von ihren ausbildenden ?rzten best?tigt (siehe auch Tabelle 1 [Tab. 1]), wobei nur bei 70,6 bzw. 73,5% Unterschriften f?r das Zuschauen bei Anamnese bzw. k?rperlicher Untersuchung hatten. Von den f?nf als optional bezeichneten T?tigkeiten (Bluttransfusion, Punktionen etc.) wurde im Durchschnitt nur eine bescheinigt, bei der Teilnahme an den apparativen Untersuchungen im Durchschnitt nur etwa zwei der zehn angebotenen.

Die Bewertung der T?tigkeiten mit der an den miniCEX angelehnte Bewertung erwies sich jedoch als nicht auswertbar: die Felder mit den Noten waren nur in den seltensten F?llen ausgef?llt. Wenn dies der Fall war, so erschien die Notengebung fragw?rdig. Auch die Heftf?hrung (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) hinterl?sst den Eindruck, dass die Durchf?hrung der T?tigkeiten und das Feedback m?glicherweise wenig ernst genommen wurden.

2. Ergebnisse der Evaluation zum Einsatz auf Station – Vergleich der Kollektive

Die Gesamtbewertung des PJ-Tertials steigerte sich von 3,0 vor Einf?hrung des Logbuchs auf 2,49 danach (in Schulnoten, p=0,011). Nach Einf?hrung des Logbuchs f?hlten sich die Studenten besser in den Routinebetrieb integriert, nahmen die Zeit der ausbildenden ?rzte als ausreichender wahr und gaben signifikant h?ufiger an, eigenst?ndig Visiten durchgef?hrt und Entlassbriefe geschrieben zu haben (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Keine signifikanten Ver?nderungen fanden wir in den Einsch?tzungen der Studenten, ob sie die M?glichkeiten hatten, eigene Patienten zu betreuen, selbst?ndig Therapiekonzepte zu entwickeln und durch die auszubildenden ?rzte kontrolliert wurden. Ebenfalls keine signifikanten ?nderungen der Einsch?tzung fanden wir im Hinblick auf das Vertrautmachen mit apparativen Diagnostikverfahren und in der Vermittlung von Diagnosen-Verschl?sselung und DRG-System.

3. Nachbefragung per E-Mail

Aus der Nachbefragung der PJ-Studenten entnehmen wir, dass die T?tigkeiten oftmals ?berhaupt nicht unter Beaufsichtigung des Stationsarztes stattfanden. So gaben nur 6 bzw. 10 der 34 Befragten an, bei der Anamnese bzw. der k?rperlichen Untersuchung durch den auszubildenden Arzt beobachtet worden zu sein, nur 16 Studenten (47,1%) gaben an, selbst?ndig eine Visite durchgef?hrt zu haben, immerhin 29 Studenten verfasst selbst?ndig Arztbriefe. Die genauen Angaben finden sich in Tabelle 3 [Tab. 3].

Tabelle 3: Durchgef?hrte T?tigkeiten auf Station. Im Vergleich: durchgef?hrt laut Logbucheintrag vs. Angabe in der Nachbefragung (n=34)

Die qualitative Auswertung zu der Frage "Was fanden Sie am Logbuch gut?" machten die Befragten insgesamt 32 verwertbare Angaben, die meisten betrafen den organisatorischen Teil. 10 Studenten bewerteten die Checkliste als gut, sie b?te einen Anhalt ?ber die Lernziele bzw. die zu erlernenden Basisfertigkeiten auf Station. Auf Frage "Was fanden Sie am Logbuch schlecht?" fanden sich 18 Kommentare. 10 Studenten ?u?erten sich negativ zum Sammeln von Unterschriften, 5 Kommentare kritisierten das Bewertungsschema bzw. die Bewertung der T?tigkeiten selbst. Nur ein Student f?hlte sich durch die Checklisten "unter Druck gesetzt", die entsprechenden T?tigkeiten auszu?ben. Zur Frage nach m?glichen Verbesserungen am Logbuch wurden insgesamt 17 Anmerkungen gegeben, die betrafen im Wesentlichen das Format und die Stabilit?t des Logbuchs, nur 3 Studenten empfahlen, die Bewertung wegzulassen.

Diskussion

Die Daten der vorliegenden Studie legen nahe, dass sich die Studenten mit Logb?chern besser in den Routinebetrieb integriert f?hlten und vermehrt selbst?ndig wichtige Routineaufgaben, wie Visiten und das Erstellen von Arztbriefen durchf?hrten. Obwohl sich in der vorliegenden Evaluation zeigt, dass die Logb?cher h?ufig unzul?nglich und nicht dem realen Engagement entsprechend ausgef?llt werden, konnten wir substantielle Eckpunkte zum Gebrauch und Nutzen von Logb?chern aufzeigen. Einen deutlichen Trend sahen wir in der Betreuung eigener Patienten durch die PJ-Studenten nach Einf?hrung des Logbuchs, die Auswertung zeigte au?erdem, dass die Studenten signifikant h?ufiger selbst?ndig Visiten durchgef?hrt haben. Angesichts der Bedeutung einer klinischen Visite f?r das allt?gliche Berufsbild [9], [18] eines Arztes erscheint die von uns erhobene tats?chliche Durchf?hrungs-Quote von weniger als 50% der PJ’ler als noch zu gering.

Die qualitative Auswertung der Nachbefragung zeigt, dass das F?hren eines Logbuchs oft als l?stige Pflicht – sowohl seitens der PJ-Studenten als auch der ausbildenden ?rzte – angesehen wird. Erforderliche Unterschriften wurden zu einem ?berwiegenden Teil geleistet, ohne dass die T?tigkeit wirklich durchgef?hrt wurde. ?hnliche Ergebnisse berichtet Remmen et al. von der Universit?t Antwerpen, wobei als Ursache f?r die schlechte Akzeptanz des Logbuchs in Fokusgruppenanalysen folgende Hauptgr?nde genannt wurden: Checklisten hatten f?r die Studenten einen negativen kontrollierenden Charakter oder wurden ganz einfach von ausbildenden ?rzten nicht ausgef?llt [13]. Ochsendorf et al. hatten bei der Auswertung ihres PJ-Logbuchs in einem Dermatologie-Tertial ebenfalls den Eindruck, dass in vielen F?llen kein individuelles Feedback erfolgte, sondern die Punkte eher pauschal abgezeichnet wurden [10].

Die vorliegenden Daten zeigen ferner, dass das Angebot ?ber ein an Schulnoten angelehntes Bewertungsschema eine kontinuierliche R?ckmeldung ?ber die Qualit?t der eigenen Leistung bei der Durchf?hrung klinisch-praktischer T?tigkeiten zu erhalten weder von den Studenten noch von den auszubildenden ?rzten genutzt wird.

Doch auch die Logb?cher, die anstelle der durchgef?hrten T?tigkeiten die gesehenen Krankheiten oder Symptome dokumentieren lassen, haben Schw?chen hinsichtlich der Reliabilit?t der Daten, wie Raghoebar-Krieger et al. beschrieben haben, denn viele Studenten dokumentieren die gesehenen Krankheiten gar nicht [12].

Wir sahen, dass gerade entscheidende Ausbildungsinhalte, wie supervidierte Anamnesen oder k?rperliche Untersuchungen nur zu 17,7% bzw. 24,4% absolviert wurden. Diese Beobachtung deckt sich mit denen von van der Hem-Stokroos, der beschrieb, dass die Mehrzahl der Studenten nie oder selten bei der Durchf?hrung einer Anamnese (89%) oder k?rperlichen Untersuchung (75%) beobachtet werden [16].

Obwohl die PJ-Studenten in der Regel f?r die Aufnahmeuntersuchung der Patienten verantwortlich sind, wurden unserer Erhebung zufolge die anschlie?ende Planung von Diagnostik und Therapie nur von der H?lfte der Befragten unternommen. Gerade der zweite Schritt ist aber f?r die Praxisf?higkeit eines jungen Mediziners von eminenter Bedeutung.

Dennoch: unabh?ngig vom tats?chlichen Gebrauch des Logbuchs scheint ein Mittel gefunden worden zu sein, die Kommunikation zwischen PJ-Studenten und ihren ausbildenden ?rzten zu verbessern. Einerseits k?nnen sich Studenten und ?rzte gemeinsam ?ber die geforderten Ausbildungsinhalte informieren und andererseits k?nnen die Studenten diese auch aktiv einfordern. Dass sie es auch tun, zeigt der Vergleich der Daten vor und nach Einf?hrung des Logbuchs. Die Studenten bescheinigten den ?rzten mehr Zeit f?r die Ausbildung, und fanden sich besser in den Routinebetrieb integriert. F?r uns ermutigend ist, dass dies die Zufriedenheit mit der Ausbildung an unserer Klinik erh?hte: die Bewertung des PJ-Tertials Innere Medizin verbesserte sich nach Einf?hrung des Logbuchs signifikant. Wenngleich unsere Studie nur eine geringe Teilnehmerzahl aufzuweisen hatte und nicht im Kontrollgruppendesign durchf?hrt werden konnte, bleibt f?r uns eine Beobachtung bestehen: ein strukturiertes t?tigkeitsbasiertes Logbuch an unserer Klinik hat sich bew?hrt. F?r die Zukunft entscheidend ist allerdings, weiterhin allen Beteiligten die Wichtigkeit des Logbuchs zu vermitteln, damit dieses nicht als reine "Unterschriftensammelmappe", sondern als bedeutendes Strukturelement der klinisch-praktischen Ausbildung wahrgenommen wird. Auf Seiten der PJ-Studenten sollte das Logbuch vor allem als Chance begriffen werden, die Ausbildung aktiv einzufordern anstelle sich unter Druck zu f?hlen, ihre Arbeit "ableisten" m?ssen, auf Seiten der ?rzte geh?rt dazu sicherlich, regelm??ige Zwischengespr?che mit den PJ-Studenten zu f?hren.


Literatur

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