[Recommendations for the implemantation of the new German medical curriculum (27.6.2002) in the subjects Epidemiology, Medical Biometry and Medical Informatics]
Ralf-Dieter Hilgers 1Uwe Feldmann 2
Karl-Heinz Jöckel 3
Rüdiger Klar 4
Otto Rienhoff 5
Helmut Schäfer 6
Hans-Konrad Selbmann 7
H.-Erich Wichmann 8
1 Universität Göttingen, Abteilung für Medizinische Statistik, Göttingen, Deutschland
2 Universität des Saarlandes, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Homburg, Deutschland
3 Universität Essen, Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Essen, Deutschland
4 Universitätsklinikum Freiburg, Abteilung Medizinische Informatik, Freiburg, Deutschland
5 Universität Göttingen, Abteilung für Medizinische Informatik, Göttingen, Deutschland
6 Universität Marburg, Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Marburg, Deutschland
7 Universität Tübingen, Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Tübingen, Deutschland
8 GSF-Forschungsinstitut für Umwelt und Gesundheit, Institut für Epidemiologie, Neuherberg, Deutschland
Abstract
In the Approbationsordnung für Ärzte (German regulation for the Curriculum in Medicine) of 27th June, 2002 the disciplines Epidemiology, Medical Biometry and Medical Informatics are combined in one obligatory cross-sectional subject of the second part of the medical exam. In addition, it is possible to study topics from these disciplines in more detail on a voluntary basis. The aim of teaching this cross-sectional subject is to qualify the students to assess their own actions critically, to apply recommendations with care, and to learn to use tools like systematic documentation and modern information technology.
For the mentioned disciplines a catalogue has been developed which is subdivided in three parts. In the first part methods are described which are needed to support medical decisions. The second part refers to support of medical supply and quality management, whereas the third part deals with the basic elements of Public Health and Health Economics, with respect to causation of diseases and prevention.
Keywords
epidemiology, medical biometry, medical informatics, medical curriculum Germany
Vorbemerkung
Die hier vorgelegten Empfehlungen wurden für die Arbeitsgemeinschaft der Fachvertreter für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie entwickelt. Sie werden den Medizinischen Fakultäten seit 2003 für die Umsetzung in Lehrinhalte und -formen zur Verfügung gestellt und haben vielerorts Eingang in die Studienpläne gefunden. Mit dieser Publikation sollen sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Einleitung
Das Gesundheitssystem in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren unter den Rahmenbedingungen eines demographischen Wandels, einer rapiden Entwicklung der Kommunikationstechniken sowie einer gegenläufigen Entwicklung der finanziellen Ressourcen einerseits und des medizinischen Fortschritts andererseits stark verändert. Zukünftig sind von den geplanten Reformen der Sozialgesetzbücher 5, 6 und 11 weitere Veränderungen zu erwarten. Als Folge werden von den Ärztinnen und Ärzten sowie deren Mitarbeiter neue zusätzliche Kompetenzen insbesondere in den Wissensbereichen der Medizinischen Informatik, der Medizinischen Biometrie und der Epidemiologie verlangt.
So werden etwa durch die modifizierten Vergütungsregelungen im stationären und im ambulanten Bereich neue Formen der medizinischen Dokumentation, Kommunikation und Klassifikation notwendig. Darüber hinaus erfordert die angestrebte integrierte Versorgung ein vernetztes Arbeiten und Kommunizieren im stationären und ambulanten Bereich. In diesem Zusammenhang darf insbesondere von einer telematikunterstützenden Diagnostik sowie die Entwicklung und Implementierung sektorenübergreifender Leitlinien und einrichtungs-übergreifender Behandlungsprogramme (DMP) eine Steigerung der Effizienz der Krankenversorgung erwartet werden. Insgesamt wird deutlich, dass das ärztliche Handeln durch ein vermehrtes Verständnis für das gesamte Gesundheitssystem, das Informations- und Wissensmanagement sowie die in diesem Umfeld angewandten Techniken und Methoden geprägt ist.
Andererseits erfordert der Ruf nach einer „rationaleren" Medizin vom praktisch tätigen Arzt auch ein entsprechendes Methodenverständnis. Diesbezüglich ist seine Mitarbeit bei der Entwicklung neuer Evidenzen für Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Studien, der Evaluierung neuer Diagnose- und Therapieformen (Health Technology Assessment) unabdingbar. Die Anwendung dieser neuen Erkenntnisse basiert auf evidenz- und konsensbasierten Leitlinien und Behandlungspfaden in Form der patientennahen evidenzbasierten Medizin. Das Verständnis und die sachgerechte Umsetzung dieses Prozesses setzt Kenntnisse der epidemiologischer Methoden mit klinischem Bezug, der Methoden der medizinischen Biometrie und medizinischen Informatik voraus. Ziel der Bestrebungen ist eine weitere Verbesserung ärztlichen Handelns durch die Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems. Auch dabei ist die Beteiligung der zukünftigen Ärztinnen und Ärzte gefordert, etwa bei der Entwicklung und Messung von Qualitätsindikatoren, bei der Erstellung von externen Qualitätsvergleichen sowie der Mitarbeit an lokalen, regionalen und überregionalen Qualitätsmanagement-Aktivitäten.
Empfehlungen für das Querschnittsfach "Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik"
Mit der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 werden die Fächer Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie zum prüfungspflichtigen Querschnittsfach "Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik" für den 2. Abschnitt der ärztlichen Prüfung zusammengefasst (§ 27, Abs. 1). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit Lehrinhalte aus dem Fächerkanon "Epidemiologie, Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik" intensiver als Wahlfach zu studieren. Die Medizinische Informatik wird in diesem Zusammenhang explizit als Wahlfach genannt. Damit wird entsprechend der obigen allgemeinen Argumentation der Tatsache Rechnung getragen, dass die Inhalte und Methoden dieses Faches entsprechend dem Fortschritt in der Medizin inzwischen zu Schlüsselqualifikationen der ärztlichen Berufsausbildung und Berufsausübung geworden sind. Auf Erkenntnissen der Humangenetik basierende neue diagnostische und theoretische Ansätze, die in die praktische Medizin einfließen, lassen eine Verstärkung dieser Position ebenso erwarten.
Das Ziel der Lehre im Querschnittsbereich ist es, die Studierenden zur kritischen Beurteilung des eigenen Handelns, zur kritischen Anwendung fremder Empfehlungen, zur systematischen Dokumentation und zum Umgang mit modernen Werkzeugen der Informationstechnologie im Rahmen der Berufsausübung zu befähigen. Mit einem Unterrichtsumfang von ca. 50 Semesterstunden (Pflichtstunden) sollen die methodischen Kompetenzen theoretisch vermittelt und in Übungen praktisch angewendet werden. Dabei ist eine interdisziplinäre Unterrichtsgestaltung anzustreben. Die bevorzugte Lehrform sollte dabei das Seminar darstellen. Propädeutische Kompetenzen können in Vorlesungen vermittelt werden. Weiterführende Kompetenzen für praktisch oder wissenschaftlich speziell Interessierte können ergänzend auch im Rahmen der Wahlfächer angeboten werden, die bei Zustimmung durch die Fakultäten auch für die Biometrie und Epidemiologie eingerichtet werden können.
Der im folgenden skizzierte Gegenstandskatalog gliedert sich in drei Teilbereiche. In einem ersten Bereich des Gegenstandskataloges werden die für die Unterstützung ärztlicher Entscheidungen notwendigen Methoden dargestellt. Der zweite Bereich bezieht sich auf die Unterstützung der ärztlichen Versorgungsaufgaben und des ärztlichen Qualitätsmanagements, während in einem dritten Teil die Grundelemente bevölkerungsbezogener und gesundheits-ökonomischer Aspekte des ärztlichen Handelns, die Frage der Krankheitsursachen und medizinischen Präventionen dargestellt werden. Dabei wird die Kooperation mit anderen Fächern, z. B. klinische Pharmakologie empfohlen. Da Mediziner nicht nur ärztlich tätig sind, wird bei den Lehrgegenständen eine Differenzierung vorgenommen. Diese wird in der nachstehenden Liste durch Markierung deutlich gemacht. Hierbei richten sich
• mit *** gekennzeichnete Themen an den ärztlich tätigen Mediziner
• mit ** gekennzeichnete den an den an der Forschung beteiligten, bzw. allgemein den nicht an der Patientenversorgung beteiligten Mediziner und
• mit * gekennzeichnete den forschenden Mediziner.
Auf Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Fächern wird mit hochgestellten Indizes verwiesen:
)1 Kooperation mit der Klinischer Pharmakologie
)2 Kooperation mit klinischen Fächern
)3 Kooperation mit der Anatomie
)4 Kooperation mit der Rechtsmedizin
)5 Kooperation mit der Ethik der Medizin
)6 Kooperation mit der Gesundheitsökonomie
)7 Kooperation mit der Arbeitsmedizin
)8 Kooperation mit der Medizinischen Soziologie
Tabelle 1 [Tab. 1] : Unterstützung ärztlicher Entscheidungen
Tabelle 2 [Tab. 2] : Unterstützung der ärztlichen Versorgungsaufgaben, ärztliches Qualitätsmanagement
Tabelle 3 [Tab. 3] : Bevölkerungsbezogene und gesundheitsökonomische Aspekte ärztlichen Handelns, Erforschung von Krankheitsursachen und medizinische Prävention