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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie__Temp

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

1860-9171__Temp


The full text of this article is only available in German.
Übersichtsarbeit

[The certificate “epidemiology” of the scientific societies DGEpi, GMDS, DGSMP and IBS-DR: Update 2012]

 Hajo Zeeb 1
Heike Bickeböller 2
Karl-Heinz Jöckel 2
Andreas Stang 2
Klaus Stark 2
Karen Steindorf 2
Enno Swart 2
Annika Waldmann 2

1 Zertifikatskommission Epidemiologie der GMDS, DGEpi, DGSMP und IBS-DR (Vorsitz)
2 Zertifikatskommission Epidemiologie der GMDS, DGEpi, DGSMP und IBS-DR

Abstract

The certificate “epidemiology” provides an opportunity for epidemiologists in Germany to have their postgraduate further education in epidemiology certified by the scientific societies. The original certificate guidelines from 1992 have now been revised to reflect changes and current development. This paper documents the revision process and the current version of the guidelines.


Keywords

epidemiology, education, certificate, scientific societies

Hintergrund

Das Zertifikat Epidemiologie wurde im Jahr 1992 von den Fachgesellschaften GMDS, DGSMP und IBS-DR begründet. Damit sollte die Weiterbildung im Fach Epidemiologie gefördert und ein erfolgreicher Weiterbildungsabschluss von den Fachgesellschaften bestätigt werden. Formale universitäre Epidemiologie-Ausbildungsgänge waren bis zu diesem Zeitpunkt in Deutschland nicht etabliert. Erstmalig im Jahr 1993 wurden auf der Basis der 1992 veröffentlichten „Durchführungsrichtlinien zum Zertifikat Epidemiologie“ [1] entsprechende Zertifikate an epidemiologisch tätige Personen vergeben. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Epidemiologie DAE und die aus ihr hervorgehende DGEpi schlossen sich später den Trägergesellschaften des Zertifikats Epidemiologie an. Bis zum Jahr 2013 haben 91 Personen (71 männlich, 20 weiblich) die Zertifikatsprüfung erfolgreich abgelegt.

Im Jahr 2009 entschloss sich die Zertifikatskommission, der jeweils 2 Vertreter/innen der beteiligten Fachgesellschaften angehören, die Zertifikatsrichtlinien auf Aktualität zu prüfen und insbesondere eine einheitliche und für am Erwerb des Zertifikats Interessierte klarer strukturierte und nutzbare Information zu den Zertifikatsgrundlagen zu schaffen. Dabei sollten einerseits verschiedene Dokumente und Checklisten zusammengeführt werden, andererseits Veränderungen bei den qualifizierenden Studiengängen und den zu erwerbenden Kompetenzen reflektiert werden. Nicht zuletzt ging es auch darum, die Prüfungsanforderungen, etwa die Notwendigkeit einer mündlichen Prüfung, kritisch zu hinterfragen. Zudem war angestrebt, eine verbesserte Abstimmung bei den Zielsetzungen und Vorgehensweisen mit den Zertifikaten Biometrie in der Medizin, Medizinische Informatik und Medizinische Dokumentation der GMDS und IBS-DR zu erreichen.

Prozess

Die Zertifikatskommission legte auf der Basis der vorhandenen Richtlinien eine überarbeitete Fassung vor, die von den beteiligten Fachgesellschaften (zumeist in den Vorständen) diskutiert und weiter bearbeitet wurde. Der Vorsitzende der Zertifikatskommission führte die eingehenden Kommentierungen zusammen, die finale Fassung wurde erneut in den Fachgesellschaften und der Kommission zirkuliert und final abgestimmt.

Wesentliche Ergebnisse der Überarbeitung

Es liegt nunmehr ein aktualisiertes Richtliniendokument vor, das aktuelle Ausbildungsmöglichkeiten (etwa die Masterstudiengängen Epidemiologie bzw. Public Health) angemessen beachtet, Aspekte des Selbststudiums stärker konkretisiert und auf mittlerweile veraltete Terminologie verzichtet. Die mündliche Aussprache wurde beibehalten. Die Richtlinien schaffen mehr Transparenz in Bezug auf die Besetzung und Entscheidungswege der Kommission und enthalten in einem Dokument nunmehr alle für den praktischen Zertifikatserwerb relevanten Informationen.

Die Aktualisierung der Zertifikatsrichtlinien wurde mit einer verbesserten Repräsentanz des Zertifikats auf den Webseiten der Fachgesellschaften verbunden. Trotz dieser besseren Sichtbarkeit hat das Interesse am Zertifikat in der jüngeren Vergangenheit abgenommen. Die Zeitgemäßheit des Zertifikats wurde u.a. in Rundbriefen der DGEpi im Jahr 2012 mit Pro und Contra-Positionen diskutiert.

Richtlinien für die Erteilung des Zertifikats „Epidemiologie“ der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) und der Deutschen Region (DR-IBS) der Internationalen Biometrischen Gesellschaft (Stand 03/2012)

1. Zielsetzung

Das Zertifikat »Epidemiologie« richtet sich an wissenschaftlich und praktisch tätige Epidemiologinnen und Epidemiologen. Durch das Zertifikat wird der Zertifikatsinhaberin bzw. dem Zertifikatsinhaber die fachliche Kompetenz für die Übernahme von Leitungsaufgaben im Bereich der Epidemiologie bescheinigt.

Das Zertifikat »Epidemiologie« wird durch die beteiligten wissenschaftlichen Fachgesellschaften an Personen verliehen, die über ein breites epidemiologisches Wissen und über eine mehrjährige Berufserfahrung verfügen. Bewerberinnen und Bewerber für das Zertifikat müssen deshalb den Nachweis erbringen, dass sie

a) in verantwortlicher Funktion an epidemiologischen Forschungsarbeiten mitgearbeitet bzw. diese geleitet haben und

b) eine qualifizierte theoretische Weiterbildung absolviert haben, die ihre berufliche Ausbildung gezielt bzgl. der Epidemiologie bzw. in Abhängigkeit von der Erstausbildung für das epidemiologische Arbeiten notwendiger Themengebiete ergänzt. Ihr Wissen wird zusätzlich in einer mündlichen Aussprache überprüft. Die Weiterbildung und Anerkennung werden durch Richtlinien geregelt.

2. Voraussetzungen

Die Voraussetzungen zur Erteilung des Zertifikats sind:

(a) ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Medizin, der Statistik, der Naturwissenschaften bzw. der Sozial- oder Gesundheitswissenschaften (mindestens Master-Niveau, z.B. auch Diplom einer deutschen Hochschule) oder ein Masterstudium der Public Health oder Epidemiologie. Auch Absolventinnen bzw. Absolventen anderer Hochschulstudiengänge sowie Bewerberinnen bzw. Bewerber mit ausländischen Hochschulabschlüssen können sich um das Zertifikat bewerben; die Zertifikatskommission prüft die Erfüllung der Eingangsvoraussetzung auf der Basis vorgelegter Informationen zu den Studieninhalten.

(b) die praktische Qualifikation auf dem Gebiet der Epidemiologie, nachgewiesen durch eine mindestens fünfjährige praktische Tätigkeit (siehe 2.1).

(c) eine theoretischen Weiterbildung, die das Eingangsstudium um die unter (2.2) genannten komplementären Fachgebiete ergänzt

2.1 Praktische Qualifikation

Während der o.g. praktischen Tätigkeit muss die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Bearbeitung epidemiologischer Fragestellungen durch Berufserfahrung, Weiterbildung und verantwortliches Arbeiten erworben worden sein. Dies ist nachzuweisen durch wissenschaftliche Publikationen bzw. federführend erarbeitete wissenschaftliche Projektberichte zu erfolgreich durchgeführten Projekten, die sich auf mindestens eins der folgenden Gebiete beziehen:

(a) Planung, Durchführung und Auswertung epidemiologischer Studien

Bewerberinnen bzw. Bewerber sollen bei mindestens zwei epidemiologischen Studien in mindestens zwei der drei Bereiche Planung, Durchführung und Auswertung verantwortlich mitgearbeitet haben. Der Bereich Planung umfasst z.B. Fallzahlabschätzung, Fragebogenentwicklung, Probandenzugang, Stichprobenziehung; die Durchführung z.B. Felderschließung, Probandenbetreuung, Studienmonitoring, Befragung, Funktionsdiagnostik und die Auswertung z.B. Datenhaltung und -aufbereitung, statistische Analyse, Interpretation, Berichterstellung und Publikation. Diese Studien sollten sich an den von den Fachgesellschaften erarbeiteten Leitlinien und Empfehlungen zu „Guter Epidemiologischer Praxis (GEP)“ sowie „Guter Praxis Sekundärdatenanalyse (GPS)“ orientieren. In jedem Fall muss der Kandidat/die Kandidatin in der Lage sein, etwaige Abweichungen von GEP und GPS zu erläutern. Es ist anzugeben, ob die Bewerberin bzw. der Bewerber bei den Studien eine Rolle als Untersuchungsleiter (PI) oder Co-Untersuchungsleiter (Co-PI) innehatte. Der eigene Anteil an den entsprechenden Studien ist in jedem Fall möglichst genau zu spezifizieren.

(b) Entwicklung, Anpassung und Erprobung epidemiologischer Verfahren.

Bewerberinnen bzw. Bewerber mit Praxisqualifikation in diesem Bereich sollen ihren Beitrag zu entsprechenden Entwicklungen und Erprobungen genau beschreiben und den Anwendungsbereich der Verfahren benennen. In der Regel ist hierfür auf eigene wissenschaftliche Publikationen oder z.B. entsprechende Software/Programmprozeduren zu verweisen.

2.2 Theoretische Weiterbildung

Die theoretische Weiterbildung hat zum Ziel, das zur absolvierten Hochschulausbildung komplementäre Fachwissen in Epidemiologie zu vermitteln bzw. die bei vorliegender epidemiologischer Qualifikation komplementären Fachkenntnisse (z.B. medizinische Grundkenntnisse, Informatik) zu erwerben. Sie kann durch Fort- und Weiterbildungskurse sowie durch Selbststudium erfolgen. Vorgehensweise, Informationsquellen und zeitlicher Umfang des Selbststudiums sind zu benennen, wobei der Selbststudiumsanteil nicht mehr als 50% des zeitlichen Gesamtumfangs der Weiterbildung ausmachen sollte. Im Falle eines erfolgreich absolvierten Masterstudiengangs in Epidemiologie sieht die Kommission von der Forderung einer theoretischen Weiterbildung ab.

Bewerberinnen bzw. Bewerber müssen durch ihr Hochschulstudium, die praktische Qualifikation und theoretische Weiterbildung Kenntnisse in verschiedenen epidemiologischen Fachthematiken erlangt haben. Diese Gebiete werden exemplarisch durch den folgenden Themenkatalog beschrieben.

Themenkatalog

Bewerberinnen bzw. Bewerber müssen über eingehende Kenntnisse in den Gebieten a)–d) sowie in zwei epidemiologischen Spezialgebieten aus e) verfügen. Die Kenntnis der Grundlagen guter wissenschaftlicher Praxis (GEP, GPS, internationale Leitlinien z.B. der IEA) wird vorausgesetzt.

(a) Grundlagen der Epidemiologie

Geschichtliche Entwicklung Deskriptive und analytische Epidemiologie Maße der Krankheitshäufigkeit und der Assoziation Epidemiologische Studientypen Rolle des Zufalls, verschiedener Biasformen, Confounding, Konzept der Interaktion Kausalität

(b) Medizinische Informatik und Biometrie

Grundlagen der medizinischen Informatik und Medizinischen Dokumentation Datenbanksysteme Grundlagen zum Datenschutz Statistikprogrammpakete Schätzung des Stichprobenumfangs, Auswertungsplanung Deskriptive Statistik, Altersstandardisierung Univariate und multivariate Verfahren

(c) Naturwissenschaft und Medizin

Grundlagenkenntnisse in den folgenden Bereichen: • Medizinische Terminologie • Biologie, Chemie, Physik • Anatomie und Physiologie • Allgemeine Pharmakologie/Toxikologie • Pathologie • Humangenetik Kenntnisse aus mindestens einem klinischen Fachgebiet

(d) Sozialwissenschaftliche Grundlagen der Epidemiologie

Gesundheits- bzw. Medizinische Soziologie Bevölkerungswissenschaft und Demographie Struktur und Organisation des Gesundheitswesens Gesundheitsökonomie Epidemiologische Aspekte der Prävention und Gesundheitsförderung Kommunikation epidemiologischer Methoden und Ergebnisse

(e) Epidemiologische Spezialgebiete

Bewerberinnen bzw. Bewerber sollen vertiefte Kenntnisse in zwei epidemiologischen Fachgebieten aufweisen, z.B. Krebsepidemiologie, Statistische Methoden in der Epidemiologie, Epidemiologie der Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc. Die von der Bewerberin bzw. dem Bewerber gewählten Fachgebiete müssen explizit benannt werden.

3. Ablauf des Verfahrens

Die Bewerberin bzw. der Bewerber reicht die vollständigen Unterlagen (s. Pkt. 4 dieser Richtlinien) bei der bzw. dem Vorsitzenden der Zertifikatskommission ein. Die Zertifikatskommission tagt in der Regel mindestens einmal pro Kalenderjahr. Die vollständigen Unterlagen müssen der Kommission spätestens zwei Monate vor dem Sitzungstermin vorliegen.

Die Zertifikatskommission prüft auf der Basis von zwei Fachgutachten, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllt sind. Reicht der Umfang der Weiterbildung bzw. der bisherigen praktischen epidemiologischen Tätigkeit nicht aus, macht die Kommission gegebenenfalls Vorschläge für einen zusätzlichen Weiterbildungsplan bzw. spezifiziert noch zu erfüllende Anforderungen.

Wenn die Unterlagen die Erfüllung der geforderten Voraussetzungen ausweisen, setzt die Zertifikatskommission eine Aussprache mit der Bewerberin bzw. dem Bewerber fest. Diese Aussprache setzt sich aus einem Vortrag des/r Kandidaten/in und einer Diskussion zusammen. Das Prüfungsthema wird von der Zertifikatskommission in Absprache mit der Bewerberin bzw. dem Bewerber festgelegt und soll in der Regel einen methodischen Schwerpunkt haben.

Die Zertifikatskommission entscheidet mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder über die Aussprache und die Erteilung des Zertifikats. Das Ergebnis wird direkt nach der Aussprache mitgeteilt. Das schriftliche Zertifikat wird seitens der bzw. des Vorsitzenden vorbereitet und möglichst zeitnah versendet.

Wird die Zertifikatsvergabe durch die Kommission abgelehnt, ist eine einmalige Wiederholung der mündlichen Aussprache möglich. Abgelehnte Bewerberinnen bzw. Bewerber haben die Möglichkeit, von der Zertifikatskommission Hinweise zu einer gezielten Vorbereitung auf eine weitere Aussprache zu erhalten.

Die aktuelle Zusammensetzung der Kommission sowie der geplante nächste Sitzungstermin können auf den Webseiten der Fachgesellschaften (http://dgepi.de/; http://www.gmds.de/; http://www.dgsmp.de/; http://www.biometrische-gesellschaft.de/) eingesehen werden.

4. Einzureichende Unterlagen

Die Bewerberin bzw. der Bewerber reichen der bzw. dem Vorsitzenden der Zertifikatskommission folgende Unterlagen ein:

a) Lebenslauf,

b) Kurzbeschreibung der epidemiologischen Studien, an denen der/die Bewerber/in mitgewirkt hat, als Nachweis der erforderlichen mehrjährigen praktischen Erfahrung in der Epidemiologie,

c) Nachweis über Art und Umfang der zum Hochschulstudium komplementären Weiterbildung im Bereich der Epidemiologie bzw. bei vorliegender epidemiologischer Qualifikation im Bereich der komplementären Fachkenntnisse (z.B. medizinische Grundkenntnisse, Informatik),

d) Nachweis über Kenntnisse in den Gebieten (a) bis (e) des Themenkatalogs,

e) Publikationsliste eigener Veröffentlichungen,

f) Vorschlag für drei Themen zur mündlichen Aussprache, möglichst unterlegt mit je einer eigenen Publikation,

g) Kopie von drei eigenen Publikationen,

h) Nachweis über die Zahlung der Bearbeitungsgebühr von 100 €, zahlbar auf das Konto der DGEpi Nr. 000 66 11 990 bei der Deutschen Apotheker und Ärztebank (BLZ 300 606 01).

5. Zusammensetzung der Zertifikatskommission

5.1 Mitglieder der Fachgesellschaften

Jede der beteiligten Fachgesellschaften kann bis zu zwei Mitglieder in die Zertifikatskommission entsenden. Eine weitere Person aus jeder Fachgesellschaft sollte als Vertreterin bzw. Vertreter benannt werden. Die Mitglieder werden für 3 Jahre entsendet. Die Zertifikatskommission soll so zusammengesetzt sein, dass die Bereiche Epidemiologie, Biometrie/Statistik und Medizin durch mindestens je eine Person vertreten sind.

5.2 Wahl des/r Vorsitzenden und des/r Stellvertretenden Vorsitzenden

Alle drei Jahre wählen die Mitglieder der Zertifikatskommission eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden und eine Stellvertreterin bzw. einen Stellvertreter aus ihren eigenen Reihen mit einfacher Mehrheit. Die – auch mehrmalige – Wiederwahl ist möglich.

Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

[1] GMDS e.V. Durchführungsrichtlinien zum Zertifikat Epidemiologie. Biometrie und Informatik in Medizin und Biologie. 1992;1:31-5.